Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunftskosten. selbst genutzte Eigentumswohnung. Tilgungsraten. Angemessenheit der Unterkunftskosten. verfassungskonforme Auslegung

 

Orientierungssatz

1. Unter Berücksichtigung der Regelungen des SGB 2 zum Schonvermögen und des Schutzes von Eigentum nach Art 14 Abs 1 GG sind auch die Tilgungsraten für eine selbst genutzte Eigentumswohnung grundsätzlich tatsächliche Aufwendungen iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB 2.

2. Die tatsächlichen Aufwendungen für die selbst genutzte Eigentumswohnung sind ebenso wie bei Mietaufwendungen anhand der Angemessenheitsgrenze zu beurteilen und ggf zu kürzen. Eine Gleichbehandlung von Wohnungseigentümern und Mietern kann so gewährleistet werden.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.06.2008; Aktenzeichen B 14/11b AS 67/06 R)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2005 verurteilt, dem Kläger ab 10.03.2005 Leistungen im Rahmen der Kosten der Unterkunft in Höhe der jeweiligen angemessenen Tilgungsraten für die selbst genutzte Eigentumswohnung nach § 22 Abs. 1 SGB II zu gewähren. Die Beklagte trägt die Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Tilgungsraten für die selbst genutzte Eigentumswohnung des Klägers durch die Beklagte im Rahmen von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der Kläger (geboren am 00.00.1948) ist Eigentümer zweier Wohnungen in dem Haus N Straße 36, ... C, die auf einer Etage liegen. Für die vom Kläger selbst genutzte Wohnung mit einer Größe von 45 qm sind Tilgungsraten bis zum 01.11.2008 zu zahlen. Die Höhe dieser Tilgungsraten sind entsprechend dem unstreitigen Tilgungsplan bei gleich bleibenden monatlichen Aufwendungen des Klägers in Abhängigkeit von den wechselnden Zinsen: 01.03.2005 288,77 EUR 01.01.2007 324,02 EUR 01.04.2005 290,28 EUR 01.02.2007 325,72 EUR 01.05.2005 291,81 EUR 01.03.2007 327,43 EUR 01.06.2005 293,34 EUR 01.04.2007 329,15 EUR 01.07.2005 294,88 EUR 01.05.2007 330,88 EUR 01.08.2005 296,43 EUR 01.06.2007 332,62 EUR 01.09.2005 297,88 EUR 01.07.2007 334,36 EUR 01.10.2005 299,55 EUR 01.08.2007 336,12 EUR 01.11.2005 301,12 EUR 01.09.2007 337,88 EUR 01.12.2005 302,70 EUR 01.10.2007 339,66 EUR 01.01.2006 304,29 EUR 01.11.2007 341,44 EUR 01.02.2006 305,89 EUR 01.12.2007 343,23 EUR 01.03.2006 307,49 EUR 01.01.2008 345,04 EUR 01.04.2006 309,11 EUR 01.02.2008 346,85 EUR 01.05.2006 310,73 EUR 01.03.2008 348,67 EUR 01.06.2006 312,36 EUR 01.04.2008 350,50 EUR 01.07.2006 314,00 EUR 01.05.2008 352,34 EUR 01.08.2006 315,65 EUR 01.06.2008 354.19 EUR 01.09.2006 317,31 EUR 01.07.2008 356,05 EUR 01.10.2006 318,97 EUR 01.08.2008 357,92 EUR 01.11.2006 320,65 EUR 01.09.2008 359,80 EUR 01.12.2006 322,33 EUR 01.10.2008 361,69EUR 01.11.2008 168,78 EUR

Für die angrenzende, zur Zeit vermietete, Wohnung mit einer Größe von 21 qm sind Tilgungsraten bis zum 01.11.2009 zu zahlen. Der Wert der vom Kläger nicht selbst genutzten Wohnung beträgt ca. 18.000,00 EUR.

Am 11.03.2005 beantragte der Kläger mit Schreiben vom 10.03.2005 die Übernahme der Tilgungsraten im Rahmen der Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II.

Mit Bescheid vom 15.03.2005 lehnte die Beklagte die Übernahme der Tilgungsraten ab. Als Begründung wurde vorgebracht, dass die Übernahme der Tilgungsraten zu einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Vermögensbildung beim Kläger führen würde.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 21.03.2005 Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Eigentumswohnungen schützenswertes Vermögen seien und der Altersvorsorge dienten. Zudem beantragte der Kläger wegen des Gleichheitssatzes zumindest Zahlungen in Höhe des angemessenen Kaltmietzinses.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2005 wurde der Widerspruch mit der Begründung aus dem Ausgangsbescheid zurückgewiesen. Zusätzlich wurde festgestellt, dass die fiktive Berücksichtigung eines Mietzinses einer angemessenen Mietwohnung für die Berechnung der Kosten der Unterkunft nicht möglich sei.

Am 28.04.2005 erhob der Kläger die Klage.

Der Kläger ist ergänzend zu dem Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren der Auffassung, dass eine Ablehnung der Übernahme der Tilgungsraten gegen den Gleichheitssatz verstoße. Einerseits liege eine Ungleichbehandlung gegenüber den Leistungsempfängern vor, die hohe Zinsen, aber niedrigere Tilgungsraten haben. Andererseits liege eine Ungleichbehandlung gegenüber den Leistungsempfängern vor, die zur Miete wohnten. Außerdem müsse bei der Feststellung seiner Leistungen berücksichtigt werden, dass nur noch für einen relativ kurzen Zeitraum Tilgungsraten zu zahlen seien und die Eigentumswohnung der Alterssicherung diente sowie seine Aufwendungen in der Zukunft verringern würden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2005 zu verurteilen, dem Kläger rückwirkend ab 10.03.2005 Leistungen im Rahmen der Kosten der Unterkunft in Höhe der jewei...

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