Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Auslandserziehung. Ehegatte eines Grenzgängers

 

Orientierungssatz

1. Eine über den wörtlichen Anwendungsbereich hinausgehende erweiternde Auslegung von § 56 Abs 3 SGB 6 mit dem Ziel der Gleichstellung einer Auslandserziehung mit einer Inlandserziehung in den Fällen, in denen der nicht erziehende Ehegatte in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt ist, während der Erziehende und das Kind im Ausland leben, kommt nicht in Betracht. Denn die Nichtberücksichtigung von Kindererziehungszeiten im Ausland in diesen Fällen ist keine planwidrige Regelungslücke (vgl BSG vom 25.1.1994 - 4 RA 3/93 = SozR 3-2600 § 56 Nr 6).

2. Bei Verwaltungsentscheidungen, die noch unter Geltung der EWGV 1408/71 ergangen sind, kann in solchen Konstellationen das Begehren der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten auch nicht auf europäisches Sekundärrecht gestützt werden.

3. Ferner verstößt die Nichtanerkennung der Kindererziehungszeiten auch nicht gegen europäisches Primärrecht.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten nunmehr noch über die Anerkennung von Kindererziehungs- und -berücksichtigungszeiten für Zeiträume, in denen die Klägerin in den Niederlanden wohnte und ihre Kinder dort erzog und niederländische Rentenzeiten aufgrund des dortigen Wohnsitzes erwarb.

Die Klägerin mit spanischer Staatsangehörigkeit ist seit 19.02.1983 mit C. A. verheiratet. Aus der Ehe gingen vier Kinder (D., geboren 1983; E., geboren 1985; F., geboren 1987 und G., geboren 1989) hervor. Die ersten beiden Kinder sind in D-Stadt geboren, das dritte und das vierte Kind in F-Stadt. Die Klägerin hat mit ihrer Familie zunächst in Deutschland gewohnt. Vom 1.06.1985 bis 1.07.1994 (Bl. 49 ff. VA) hatte die Familie ihren Wohnsitz in den Niederlanden mit Ausnahme der Zeit von 16.05.1989 bis 25.05.1990, wo die Familie wegen der Pflege einer Familienangehörigen in Deutschland gemeldet war (103 GA). Der Ehemann der Klägerin arbeitete während der Zeit, wo der Wohnsitz der Familie grenznah in den Niederlanden war, am Klinikum in F-Stadt. Die Kinder der Klägerin gingen in F-Stadt zur Schule.

Der Versicherungsverlauf der Klägerin weist vor der ersten Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung ab April 1983 keine Pflichtbeitragszeiten wegen Beschäftigung auf. Vor der Geburt ihrer Kinder war die Klägerin nach eigenen Angaben vom 1.09.1981 bis 31.12.1981 bei H. D-Stadt als Sprachlehrerin selbständig tätig und vom 1.01.1982 bis 31.12.1982 beim Bildungszentrum D-Stadt im Umfang einer Teilzeittätigkeit (8 Stunden/Woche), was mit 500 DM monatlich entlohnt worden sei (6 R VA). In der Zeit, in der die Klägerin in den Niederlanden wohnte, übte sie weder dort noch in Deutschland eine Beschäftigung aus. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland übte die Klägerin ab 1.04.1999 eine geringfügige versicherungspflichtige Tätigkeit aus. Jedenfalls von Mai 2004 bis Dezember 2006 sind in ihrem Versicherungskonto Pflichtbeitragszeiten wegen Beschäftigung gespeichert.

Im Rahmen eines Antrags auf Kontenklärung vom 15.09.2006 beantragte die Klägerin auch Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten für ihre vier Kinder. Sie habe die Kinder gemeinsam mit ihrem Ehemann erzogen, der eine entsprechende, dies bestätigende Erklärung abgab.

Mit Bescheid der Beklagten vom 4.09.2007 (4 GA, 94 VA) nach § 149 Abs. 5 SGB VI wurden die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als 6 Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.2000, verbindlich festgestellt. Für das Kind D., geboren 1983, wurde die Zeit vom 1.04.1983 bis 31.03.1984 als Kindererziehungszeit vorgemerkt und die Zeit vom 6.03.1983 bis 30.06.1985 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt. Nicht anerkannt werden könne die Zeit vom 1.07.1985 bis 5.03.1993 als Berücksichtigungszeit, weil das Kind in dieser Zeit im Ausland erzogen worden sei. Für das Kind E., geboren 1985, wurde die Zeit vom 1.03.1985 bis 30.06.1985 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 16.02.1985 bis 30.06.1985 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt. Die Zeit vom 1.07.1985 bis 15.02.1995 könne weder als Kindererziehungs- noch als Kinderberücksichtigungszeit anerkannt werden, da das Kind in dieser Zeit im Ausland erzogen worden sei. Für das Kind F., geboren 1987, wurde die Zeit vom 1.07.1994 bis 14.09.1997 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt. Die Zeit vom 15.09.1987 bis 30.06.1994 wurde nicht als Kindererziehungs- oder Kinderberücksichtigungszeit anerkannt, weil das Kind in dieser Zeit im Ausland erzogen worden sei. Für das Kind G., geboren 1989 wurde die Zeit vom 1.07.1994 bis 7.11.1999 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt. Die Zeit vom 8.11.1989 bis 30.06.1994 wurde nicht als Kindererziehungs- oder Kinderberücksichtigungszeit anerkannt, weil das Kind in dieser Zeit im Ausland erzogen worde...

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