Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Absetzung des Freibetrages bei Erwerbstätigkeit vom Kurzarbeitergeld. keine Rückwirkung des Leistungsantrages bei bestehender Möglichkeit zur formlosen Antragstellung

 

Leitsatz (amtlich)

Kurzarbeitergeld im Sinne von §§ 169ff SGB 3 unterfällt der Bereinigung nach § 30 SGB 2.

 

Orientierungssatz

Erfolgt die Antragstellung am ersten Tag der Dienstbereitschaft des Grundsicherungsträgers nach einem Wochenende nicht, weil der Hilfebedürftige erst nach Ablauf der montags geltenden Öffnungszeit bis 12 Uhr Einlass begehrt, und wird der Antrag durch Aushändigung der Antragsformulare dann erst am Folgetag gestellt, so entfaltet dieser Antrag keine Rückwirkung iS des § 37 Abs 2 S 2 SGB 2 auf das Wochenende, soweit der Hilfebedürftige konkret die Möglichkeit hatte, einen formlosen Antrag in den Briefkasten einzuwerfen. Eine nur abstrakte Vereitelung der Antragstellung durch Erschwerung des Zugangs zum Briefkasten in den späten Abend- und Nachtstunden reicht nicht aus.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.03.2012; Aktenzeichen B 14 AS 18/11 R)

 

Tenor

I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 19.05.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 30.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2010 verteilt, dem Kläger weitere Leistungen für die Zeit vom 01.bis 30.06.2009 in Höhe von 16,70 € zu bewilligen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger 80 % seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1968 geborene Kläger begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II durch Annahme eines Freibetrages nach § 30 SGB II auf Kurzarbeitergeld sowie einer Rückwirkung seiner Antragstellung gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II auf den 01.05.2009.

Am 04.05.2009 - einem Montag - begab sich der Kläger etwa gegen 16.00 Uhr zum Dienstgebäude der Beklagten in der Robert-Koch-Straße 16 a in Schwarzenberg.

Vor dem Haupteingang angelangt, stellte er fest, dass die Beklagte für Besucher an diesem Tag - wie jeden Montag - lediglich bis 12.00 Uhr geöffnet hatte, weshalb er an diesem Tag den beabsichtigten Antrag auf Leistungen nach dem SGB II nicht habe stellen können.

Die Antragstellung erfolgte dann am Folgetag, dem 05.05.2009, durch Aushändigung des Antragsformulars, welches der Kläger am 11.05.2009 zurückreichte (Bl. 1 Verwaltungsakte).

Es handelte sich hierbei um den Erstantrag des Klägers.

Mit Bescheid vom 19.05.2009 (Bl. 46 a Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den Zeitraum 05.05. bis 31.05.2009 in Höhe von 198,48 € und für den Zeitraum 01.06. bis 30.11.2009 in Höhe von jeweils 220,53 €.

Mit Änderungsbescheid vom 07.06.2009 (Bl. 59 a Verwaltungsakte) änderte die Beklagte die Bewilligung für den Zeitraum 01.07. bis 30.11.2009 ab und bewilligte nunmehr 228,53 €.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 30.06.2009 (Bl. 54 a Verwaltungsakte) erfolgte eine erneute Änderung der Bewilligung. Für den Zeitraum 01.06. bis 30.06.2009 bewilligte die Beklagte 253,30 € und für den Zeitraum 01.07. bis 30.11.2009 monatlich 261,15 €.

Eine weitere Änderung erfolgte schließlich mit Bescheid vom 13.01.2010 (Bl. 162 Verwaltungsakte). Im Zeitraum 01. bis 31.10.2009 bewilligte die Beklagte 111,90 € und im Zeitraum 01. bis 30.11.2009 68,90 €.

Im Laufe des Verwaltungsverfahrens ergingen mehrere Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, die die Beklagte jedoch im Vorverfahren aufhob, so dass diese nicht streitgegenständlich sind.

Der Kläger geht einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit als Stanzer nach und bezieht die Leistungen nach dem SGB II als so genannter “Aufstocker„. Der monatlich unstreitige Bedarf des Klägers für Kosten der Unterkunft und Heizung beträgt 280,00 €. Eine Warmwasserpauschale ist nicht in Abzug zu bringen, da die Aufbereitung des Warmwassers nicht über die Heizungsanlage erfolgt.

In den Monaten April und Mai 2009 beantragte der Arbeitgeber des Klägers teilweise Kurzarbeit, da es aus konjunkturellen Gründen nicht möglich war, die Betriebskapazitäten entsprechend den eingestellten Arbeitnehmern vollständig auszulasten. Auch der Kläger war von der Kurzarbeiterregelung betroffen, wobei es sich nicht um “Kurzarbeit O„ handelte, sondern er lediglich einer teilweisen Kurzarbeit ausgesetzt war.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte verpflichtet wäre, ihm Leistungen bereits ab dem 01.05.2009 zu bewilligen. Die Beklagte würde sich dem Zugang von Leistungsanträgen außerhalb der Geschäftszeiten teilweise dadurch entziehen, dass der Zugang zum Briefkasten in späten Abend- und Nachtzeiten für Ortsunkundige und Erstantragsteller vereitelt würde.

Weiterhin ist der Kläger der Auffassung, dass das ihm im Monat Mai 2009 zugeflossene Kurzarbeitergeld für den Monat April 2009 in Höhe von 80,98 € gemäß § 30 SGB II zu bereinigen sei. Gleiches gilt für das ihm im Juni 2009 für Mai zugefloss...

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