Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenzahlung nach dem Tod des Leistungsberechtigten. Rücküberweisungspflicht des Geldinstituts. Kenntnis der Bank vom Tod des Versicherten vor Eingang eines Rückforderungsersuchens

 

Orientierungssatz

1. Die Ausnahme von der Verpflichtung zur Rücküberweisung nach § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 greift unabhängig davon, ob die kontoführende Bank bei Ausführung von Verfügungen nach dem Tod des Versicherten, jedoch vor Eingang eines Rückforderungsersuchens seitens des Rentenversicherungsträgers, bereits Kenntnis vom Tod des Versicherten hatte (vgl SG Köln vom 7.11.2012 - S 5 R 1655/11).

2. Der Auffassung des BSG, das davon ausgeht, dass § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 nur Verfügungen erfasst, die vor Kenntnis der Bank vom Tod des Versicherten ausgeführt wurden, ist nicht zu folgen (entgegen BSG vom 22.4.2008 - B 5a/4 R 79/06 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 6 sowie vom 3.6.2009 - B 5 R 120/07 R = BSGE 103, 206 = SozR 4-2600 § 118 Nr 10).

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Berufung wird zugelassen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Der klagende Rentenversicherungsträger nimmt die als Aktiengesellschaft firmierende, beklagte Sparkasse auf Rücküberweisung einer noch nach dessen Tod auf das Konto einer Versicherten überwiesenen Rentenzahlung in Anspruch.

Die ... verstorbene Versicherte führte ein Konto bei der Beklagten, auf das regelmäßig Rentenzahlungen zu Lasten der Klägerin erfolgten. Nach dem Tod der Versicherten erfolgte noch eine Rentenzahlung i. H. v. 632,29 € am 30.09.2010, wobei sich aus dem Verwendungszweck ergab, dass diese dem Monat Oktober 2010 zuzuordnen war. In den Folgetagen erfolgten mehrere Buchungen auf dem Konto, die im Ergebnis insbesondere zu Belastungen zugunsten einer Versicherungsgesellschaft, einer Privatperson sowie der Beklagten selbst führten. Die Belastungen zugunsten von Versicherungsgesellschaft sowie Privatperson basierten dabei auf Lastschriftermächtigungen bzw. Daueraufträgen. Am 12.10.2010 ging sodann bei der Beklagten ein Rückforderungsersuchen seitens der Klägerin ein.

Die Beklagte bestätigte der Klägerin, seit dem 30.09.2010 - und damit bereits vor Ausführung der genannten Buchungen - Kenntnis vom Tod der Versicherten gehabt zu haben.

Auf Aufforderung seitens der Klägerin, an die Beklagte einen Betrag von 632,29 € zu zahlen, teilte die Beklagte mit, sich nicht zur Zahlung verpflichtet zu sehen und die erhobene Forderung daher nicht zu erfüllen.

Die Klägerin hat am 18. Oktober 2011 mit dem Antrag Klage erhoben, die Beklagte zur Zahlung von 632,29 € zu verurteilen. Zur Begründung trägt sie in erster Linie unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) vor, eine anderweitige Verfügung i. S. d. § 118 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) liege nicht vor, wenn die Bank zum Zeitpunkt der Ausführung der Verfügung Kenntnis vom Tod des Versicherten hatte. Weiter sei es der Beklagten zuzumuten, nach einem Todesfall eine entsprechende Kontrolle bzw. Überwachung des Kontos des Verstorbenen vorzunehmen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 01. März 2013 hat die Beklagte im Hinblick auf das verbliebene Kontoguthaben sowie erfolgter Kontobelastungen zugunsten der Beklagten einen Teilbetrag von 30,50 € unstreitig gestellt und zugesagt, diesen - sofern nicht bereits geschehen - umgehend zur Zahlung zu bringen.

Die Klägerin beantragt daraufhin,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 601,79 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor, eine Überwachung und Beurteilung sämtlichen Zahlungsverkehres auf dem Konto eines Verstorbenen sei in der Praxis nicht möglich bzw. nicht zumutbar. Weiter könne die Bank vor Eingang eines Rückforderungsersuchens seitens des Rentenversicherungsträgers nicht wissen, ob und ggf. in welcher Höhe tatsächlich eine Rückforderung erfolgen werde, etwa vor dem Hintergrund einer möglichen Verrechnung mit einer Witwenrente. Sie vertritt die Auffassung, eine Bank würde sich unter Umständen bei Nichtausführung vorliegender Anweisungen wie etwa von Daueraufträgen gegenüber Erben und/oder beispielsweise weiteren Bewohnern einer Mietwohnung schadensersatzpflichtig machen. Weiter tritt sie der Rechtsauffassung der Klägerin in ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Klägerin und weiterer Rechtsprechung entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen, die der gerichtlichen Entscheidungsfindung zugrunde gelegen haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch besteht nicht.

Die Klage ist zunächst zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes ergibt sich aus § 57 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da die beklagte Sparkasse, anders als die meist...

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