Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsförderungsrecht. Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer. maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Restanspruchsdauer auf Arbeitslosengeld. Trainingsmaßnahme keine versicherungspflichtige Beschäftigung. kein Herstellungsanspruch bei verspäteter Beschäftigungsaufnahme

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Berechnung der Restdauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 421j Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 3 ist nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auf den Zeitpunkt der Aufnahme der über die Entgeltsicherung zu fördernden Beschäftigung abzustellen.

2. Förderungsfähig ist nach § 421j SGB 3 nur die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, so dass die Aufnahme einer Trainingsmaßnahme nicht genügt.

3. Die im Hinblick auf die Voraussetzung der Restanspruchsdauer des Arbeitslosengelds verspätete Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung kann als tatsächlicher Umstand nicht über einen Herstellungsanspruch durch eine rechtmäßige Handlung der Agentur für Arbeit beseitigt werden.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bewilligung von Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).

Der 1955 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten zum 01.01.2009 die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Ihm wurde durch den Bescheid vom 28.01.2009 Arbeitslosengeld für den Zeitraum 01.01.2009 bis zum 30.06.2009 (180 Tage) bewilligt. Am 16.02.2009 nahm er mit Zustimmung der Beklagten eine unbezahlte Trainingsmaßnahme bei der Fa. S… GmbH auf. Die Ehefrau des Klägers teilte der Beklagten am 27.02.2009 telefonisch mit, dass die Trainingsmaßnahme bis zum 15.03.2009 befristet sei und ihr Ehemann voraussichtlich am 16.03.2009 einen Arbeitsvertrag unterschreiben werde. Zugleich bat sie die Beklagte um Zusendung eines Antragsformulars für Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer. Der Kläger nahm schließlich am 14.03.2009 eine versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Fa. S... GmbH auf.

Den Anfang April 2009 eingereichten Antrag auf Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09. Juni 2009 ab. Die Ablehnung begründete sie damit, dass der Kläger bei Aufnahme seiner Beschäftigung nicht über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 120 Tagen verfügt habe.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 21.06.2009 Widerspruch ein. Diesen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2009 als unbegründet zurück. Sie blieb bei ihrem Standpunkt, dass die Restanspruchsdauer von mindestens 120 Tagen bei Aufnahme der Beschäftigung nicht mehr gegeben gewesen sei.

Am 28. Juli 2009 ist Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben worden. Der Kläger verfolgt sein Begehren weiter und führt zur Begründung im Wesentlichen an:

Zu Unrecht gehe die Beklagte davon aus, dass die Restanspruchsdauer seines Arbeitslosengelds bei Aufnahme seiner Arbeit weniger als 120 Tage betragen habe. Es komme für die Berechnung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengelds auf den Zeitpunkt der Antragstellung am 27.02.2009 an. Selbst wenn es auf die Aufnahme der Beschäftigung ankomme, sei auf den 16.02.2009 als den Beginn der Trainingsmaßnahme bei seinem Arbeitgeber abzustellen. Bereits bei der Trainingsmaßnahme handele es sich um eine Beschäftigung im Sinne der Entgeltsicherung. Daher gehe die Beklagte fehlerhaft vom 14.03.2009 als dem Tag der Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung bei seinem Arbeitgeber aus. Im Übrigen habe die Beklagte durch die Ablehnung von Entgeltsicherung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, da er durch die Beklagte nicht über die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen der Entgeltsicherung informiert worden sei. Die Übergabe eines Merkblatts, dessen Aushändigung ihm nicht erinnerlich sei, stelle keine ausreichende Beratungsleistung dar. Die Beklagte handele widersprüchlich, wenn sie zunächst nach Antragstellung alle erforderlichen Unterlagen vom Arbeitgeber sich beibringen lasse und dann den Antrag aber unter Hinweis auf die fehlende Restanspruchsdauer ablehne. Dies habe sie ohne weiteres bereits bei Antragstellung feststellen können.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2009 zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 27. Februar 2009 Leistungen der Entgeltsicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint: Maßgeblich sei für die Berechnung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengelds der Tag der Beschäftigungsaufnahme am 14.03.2009. Die von ihr geförderte Trainingsmaßnahme sei keine solche sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Es komme für die Berechnung der Restanspruchsdauer auch nicht auf den Antragszeitpunkt, sondern den Tag der Arbeitsaufnahme an. Eine Änderung sei insoweit im Gesetz nicht erfolgt. Ein Beratungs...

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