Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Befreiung gemäß § 173b RVO. Wirkung. spätere Pflichtversicherung. anderes Beschäftigungsverhältnis

 

Orientierungssatz

Die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 173b RVO steht einer späteren Pflichtversicherung in einem anderen Beschäftigungsverhältnis nicht entgegen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, in der Zeit vom 1. Januar 1995 bis 31. August 1998 bei der Beklagten Pflichtmitglied gewesen zu sein und auch in der Zukunft erneut bei der Beklagten Pflichtmitglied werden zu können.

Die Klägerin war im Jahre 1987 mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze beim S Verlag tätig. Nach Anhebung dieser Jahresarbeitsentgeltgrenze beantragte die Klägerin zum 1. Januar 1988 ihre Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 173 Buchst. b Reichsversicherungsordnung (RVO). Die Beklagte befreite daraufhin die Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 1988 von der Krankenversicherungspflicht; der entsprechende Bescheid konnte nicht mehr vorgelegt werden. Die Klägerin war zunächst bis 1992 weiterhin beim S Verlag tätig und in der Folgezeit dann nach ihren eigenen Angaben selbständig. Seit Februar 1993 arbeitete die Klägerin sodann bei verschiedenen Kanzleien als Rechtsanwaltsfachangestellte. Zu Beginn dieser Tätigkeit war die Klägerin weiterhin privat krankenversichert. Anfang des Jahres 1995 beantragte die Klägerin bei der Beklagten ihre Führung als pflichtversichertes Mitglied, worauf sie bis zum 31. August 1998 von der Beklagten auch als pflichtversichertes Mitglied geführt wurde. Seit dem 1. September 1998 ist die Klägerin arbeitslos und bezieht Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit.

Aufgrund einer bei ihrem letzten Arbeitgeber durchgeführten Betriebsprüfung entschied die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 3. Dezember 1998, dass die Versicherungspflicht für die Vergangenheit als Fehlversicherung bestehen bleibe. Für die Zukunft sei jedoch eine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung bei Ausübung einer Beschäftigung aufgrund der Wirkung der Befreiung zum 1. Januar 1988 nicht mehr möglich. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 1999 zurück. Sie führte zur Begründung erneut aus, dass die zum 1. Januar 1988 ausgesprochene Befreiung von der Krankenversicherungspflicht auch für alle späteren grundsätzlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse wirke. Dies ergebe sich nach neuem Recht auch aus § 6 Abs. 3 Satz 1 SGB V.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 27. Juli 1999 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage. Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass die seinerzeit nach § 173 b RVO ausgesprochene Befreiung von der Krankenversicherung nur solange wirkte, wie der der Befreiung zugrunde liegende Sachverhalt andauerte. Mit Beendigung des der Befreiung zugrunde liegenden Beschäftigungsverhältnisses sei deshalb auch die Wirkung der Befreiung beendet gewesen. Weiter gelte im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass die Befreiung auch noch unter Geltung des § 173 b RVO erteilt worden sei; es sei deshalb nicht ohne weiteres möglich, die Vorschriften des erst zum 1. Januar 1989 in Kraft getretenen SGB V anzuwenden.

Die Klägerin beantragt,

1.  den Bescheid der Beklagten vom 3. Dezember 1998 in Gestalt des am 14. Juli 1999 zugegangenen Bescheides der Beklagten vom 13. Juli 1999 aufzuheben,

2.  festzustellen, dass die am 1. Januar 1988 ausgesprochene Befreiung von der Krankenversicherung nach § 173 b RVO nach Beendigung des der Befreiung zugrunde liegenden Sachverhaltes am 30. April 1992 einer neuen Krankenversicherung als Pflichtmitglied nicht entgegensteht,

3.  festzustellen, dass die in der Zeit vom 1. Januar 1995 bis 31. August 1998 durchgeführte Krankenversicherung bei der Beklagten eine Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V war.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Die Beklagte verweist weiter auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz vom 5. November 1992 (Az.: L 5 K 54/92). Die Beklagte hat auf Befragen in der mündlichen Verhandlung weiter ausgeführt, dass die als Fehlversicherung zu betrachtende Versicherung in der mit dem Klageantrag zu 3. benannten Zeit bei einer späteren Feststellung der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nicht als Pflichtversicherungszeit angerechnet würde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Das Feststellungsinteresse für den Antrag zu 3. besteht bereits deshalb, weil die Beklagte den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. August 1998 nicht als Zeitraum einer Pflichtvers...

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