Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsweg. Sozialhilfe. Übergang von Unterhaltsansprüchen. Klage auf Feststellung einer unbilligen Härte nach § 94 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB 12. Verhältnis zu einer nachträglich erhobenen zivilrechtlichen Leistungswiderklage. Rechtsschutzbedürfnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Klage auf Feststellung einer unbilligen Härte nach § 94 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB XII ist der Sozialrechtsweg gegeben.

2. Eine nachträgliche vor dem Amtsgericht erhobene Leistungswiderklage lässt das Rechtsschutzbedürfnis der negativen Feststellungsklage zum Sozialgericht entfallen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.07.2018; Aktenzeichen B 8 SO 21/16 R)

 

Tenor

I. Die Klage vom 07. August 2014 wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Übergang von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen.

Der Beklagte gewährte der Mutter der Klägerin (Leistungsberechtigte) Leistungen nach dem SGB XII. Sie erhält eine ambulante psychiatrische Betreuung. Nach dem am 20.10.2013 beim Beklagten eingegangenenHilfeplanungs-, Entwicklungs- und Abschlussberichtsbogen (HEB-Bogen) leidet diese an einer erheblichen psychischen Erkrankung, ist aber andererseits bei entsprechender Assistenz fähig, ihren Haushalt zu führen.

Die Rechtswahrungsanzeige ging der Klägerin mit Schriftsatz vom 29.08.2013 zu. Der Übergang von Unterhaltsansprüchen auf den Beklagten wurde angezeigt. Es bestehe ein Auskunftsanspruch, der sowohl im bürgerlichen Recht als auch im öffentlichen Recht zu begründen ist.

Mit Schreiben vom 23.09.2013 wandte die Klägerin ein, dass sie unter der Gewalt ihres Vaters habe leiden müssen und dass die Leistungsberechtigte sie nicht ausreichend vor dem Vater geschützt habe. Am 26.02.2014 meinte die Klägerin, dass ein Anspruchsübergang wegen § 94 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII nicht stattgefunden habe.

Mit Schreiben vom 15.04.2014 wurde bei außergerichtlicher Einigung eine Minderung des Unterhaltsanspruchs um 50 % angeboten und die Klägerin um vollständige Auskunftserteilung gebeten.

Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 27.06.2014 mit, dass gegen die Auskunftsanforderung Widerspruch erhoben werde.

Mit Schreiben vom 16.07.2014 beschränkte der Beklagte seinen Auskunftsanspruch auf die zivilrechtliche Ausgestaltung nach § 1605 BGB. Eine Auskunftserteilung wurde bis 31.07.2014 angemahnt, andernfalls werde eine entsprechende Auskunftsklage als Stufenantrag beim Amtsgericht A. anhängig gemacht.

Am 07.08.2014 erhebt die Klägerin per Telefax Klage zum Sozialgericht Bayreuth. Es wäre festzustellen, dass der angebliche Unterhaltsanspruch der Mutter der Klägerin wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte gemäß § 94 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII nicht übergegangen sei und die Klägerin den Beklagten nicht zur Auskunft verpflichtet. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass der Beklagte sich weigere, einen rechtsmittelfähigen Bescheid bzw. Widerspruchsbescheid zu erlassen. Bei einer Auskunftsklage müsse das für verwaltung- bzw. sozialrechtliche Fragen unzuständige Familiengericht über Fragen des Sozialgerichts entscheiden. Neben den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Beteiligten zueinander komme es auf die soziale Lage ein. Im Fall der Klägerin lägen die Härtetatbestände einer Entfremdung zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern und der jahrelangen Vernachlässigung vor. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28.01.2014 werde darauf hingewiesen, dass über die Frage, ob ein Unterhaltsanspruch nicht übergehe, das Sozialgericht zu entscheiden habe.

Es sei rechtsmissbräuchlich, die begehrte Feststellung auf dem Gebiet des Sozialrechtes durch die Sozialgerichtsbarkeit dadurch zu unterlaufen, dass vor dem Familiengericht eine Auskunftsklage erhoben werde.

Das Familiengericht sei sachlich nicht zuständig, das Vorliegen einer unbilligen Härte nach § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII zu untersuchen. Die Klägerin verweist erneut auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28.01.2014. Würde das Sozialgericht der Klägerin verweigern, die Vorfrage des Übergangs des Unterhaltsanspruchs zu klären, wäre dies eine Verweigerung des gesetzlichen Richters.

Nach richterlichem Hinweis vom 20.08.2014 beantragt die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.09.2014

festzustellen, dass der angebliche Unterhaltsanspruch der Mutter der Klägerin, Frau B.C., geboren 1948, wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte gemäß § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII nicht übergegangen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Soweit sich die Klägerin gegen die Aufforderung zur Auskunftserteilung gemäß § 117 SGB XII wende, gehe diese Klage ins Leere. Der Beklagte habe mit Schreiben vom 16.07.2014 klar zum Ausdruck gebracht, dass er einen eventuellen Auskunftsanspruch gemäß § 117 SGB XII nicht mehr weiter verfolgen werde. Die Klägerin sei daher nicht beschwert. Die Frage des Übergangs des Unterhaltsanspruchs sei ebenfalls im zivilgerichtlichen Verfahren zu k...

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