nicht rechtskräftig

 

Nachgehend

LSG Nordrhein-Westfalen (Aktenzeichen L 12 AL 278/04)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 25.05.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2004 verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 12.05.2004 ohne Minderung wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten des Klägers zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Minderung des an ihn ausgezahlten Arbeitslosengeldes (Alg) wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.

Der am 00.00.1972 geborene Kläger schloss mit der Firma R AG in B am 21.08.2003 einen bis zum 30.09.2003 befristeten Arbeitsvertrag. Die Parteien verlängerten den Vertrag am 30.09.2003 bis zum 20.02.2004; eine am 16.01.2004 erfolgte Kündigung zum 31.01.2004 erklärte der Arbeitgeber am 30.01.2004 für gegenstandslos. Am 18.02.2004 erfolgte eine Verlängerung bis 31.03.2004, am 31.03.2004 eine Verlängerung bis 30.04.2004.

Am 03.05.2004 meldete der Kläger sich arbeitslos und beantragte Alg. Nach Einholung einer Arbeitgeberbescheinigung der Firma R AG bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 25.05.2004 Alg ab dem 12.05.2004 und minderte es zugleich in Höhe von insgesamt 210.- Euro. Sie führte aus, der Kläger habe sich verspätet arbeitsuchend gemeldet. Die Meldung habe am 01.04.2004 erfolgen müssen; die Minderung betreffe voraussichtlich den Zeitraum vom 12.05.2004 bis zum 30.05.2004.

Seinen am 01.06.2004 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, er habe sich bereits im Januar 2004 arbeitsuchend gemeldet und sei von einer Fortgeltung dieser Meldung ausgegangen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 17.06.2004 mit der Begründung zurück, die Pflicht zur persönlichen Meldung bestehe bereits am Tage der Kenntnisnahme von der Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses. Demnach habe sich der Kläger bereits am 21.08.2003 (spätestens aber am 27.08 2003) arbeitsuchend melden müssen, so dass die Verspätung eigentlich 256 Tage betrage. Die Minderung beschränke sich aber wegen der gesetzlich vorgesehen Begrenzung auf 30 Tage.

Hiergegen richtet sich die am 14.07.2004 erhobene Klage.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen: Er habe sich bereits nach der Kündigung im Januar 2004 arbeitsuchend gemeldet und die Beklagte in der Folge von allen weiteren Fortsetzungen des Arbeitsverhältnisses einschließlich der Befristungen informiert. Hierbei sei ihm seitens der Beklagten mitgeteilt worden, er solle sich nach dem 30.04.2004 wieder melden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25.05.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2004 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab dem 12.05.2004 ohne Minderung wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bliebt bei ihrer bisherigen Auffassung.

Hinsichtlich der wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte durfte den Alg-Anspruch des Klägers nicht wegen verspäteter Meldung mindern.

Die §§ 37 b Satz 1 und 2, 140 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) sind zu unbestimmt, um die Beklagte zur Minderung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf Alg zu ermächtigen; andere einschlägige Ermächtigungsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

Nach § 140 Satz 1 SGB III mindert sich der Anspruch auf Alg, wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37 b SGB III nicht unverzüglich arbeitssuchend gemeldet hat. Nach § 37 b Satz 1 SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Gemäß § 37 b Satz 2 SGB III hat die Meldung im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen.

Diese Vorschriften sind keine geeignete Ermächtigungsgrundlage zur Minderung von Alg bei in Zusammenhang mit befristeten Arbeitsverhältnissen. § 37 b Satz 2 SGB III ist in Verbindung mit § 37 b Satz 1 SGB III derart unbestimmt, dass er (wiederum i.V.m. § 140 SGB III) keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für einen Eingriff in den - grundrechtlich geschützten - Anspruch auf Alg darstellt (SG Dortmund, Urteil vom 26.07.2004 - S 33 AL 127/04). Die Vorschrift besagt mithin nicht, dass sich der Alg-Anspruch (nach Maßgabe von § 140 SGB III) mindert, wenn die genannte Frist verstrichen ist und der Versicherte sich nicht arbeitsuchend gemeldet hat. Vielmehr ist § 37 b Satz 2 SGB III bei verfassungsrechtlich gebotener geltungserhaltender Redu...

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