Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragspflicht von Versorgungsbezügen der betrieblichen Altersversorgung zur Kranken- und Pflegeversicherung. Direktversicherung

 

Orientierungssatz

Die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen der betrieblichen Altersversorgung zur Krankenversicherung ergibt sich aus § 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i. V. m. § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB 5, zur Pflegeversicherung aus § 57 Abs. 1 S. 1 SGB 11. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß (BVerfG vom 27. 6. 2018, 1 BvR 100/15). Dies gilt auch dann, wenn die Direktversicherung ursprünglich vom Arbeitgeber abgeschlossen, aber zu einem späteren Zeitpunkt vom Arbeitnehmer finanziert wurde, solange der Arbeitnehmer nicht selbst in die Versicherungsnehmerstellung eingerückt ist.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht zur Krankenversicherung (KV) und Pflegeversicherung (PV) von Kapitalleistungen aus zwei Lebensversicherungsverträgen.

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der beiden Beklagten. 1990 und 1995 schlossen ihr Arbeitgeber - das ist ihr Ehemann und jetziger Prozessbevollmächtigter - und die ALLIANZ Lebensversicherungs-AG im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung zwei Lebensversicherungsverträge Nr. 289227374 (Im Folgenden: Vertrag 1) und Nr. 275026764 (im Folgenden: Vertrag 2). Versicherungsnehmer war der Arbeitgeber, versicherte Person die Klägerin. Ausweislich der in den Versicherungsverträgen getroffenen Wahl handelte es sich um so genannte (Firmen-) Direktversicherungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung. Die Beiträge wurden vom Gehalt der Klägerin einbehalten ("Direktversicherung durch Gehaltsumwandlung") und von einem Konto des Arbeitgebers/Versicherungsnehmers per Lastschrift an das Versicherungsunternehmen gezahlt. Die Laufzeit des Vertrag 1 war auf 28 Jahre vom 01.06.1990 bis 01.06.2018 ("Endalter 60 Jahre"), die Laufzeit des Vertrag 2 auf 23 Jahre vom 01.08.1995 bis 01.08.2018 ("Endalter 60 Jahre") vereinbart. Nach Ablauf der jeweiligen Laufzeiten zahlte das Versicherungsunternehmen der Klägerin zur Erfüllung ihres Anspruchs zum 01.06.2016 aus dem Vertrag 1 eine Kapitalleistung von 29.878,79 EUR, zum 01.08.2018 eine Kapitalleistung von 32.790,60 EUR aus und teilte dies den Beklagten mit.

Durch bestandskräftigen Bescheid vom 27.06.2018 stellte die Beklagte zu 1) - zugleich im Namen der Beklagten zu 2) - die Beitragspflicht der ausgezahlten Kapitalleistung von 29.878,79 EUR fest. Für die Beitragsbemessung gelte 1/120 der Leistung (248,99 EUR) für die Dauer von 10 Jahren als monatlicher Zahlbetrag und Grundlage für die Beitragsberechnung. Ab 01.07.2018 betrage der monatliche Beitrag zur KV 39,09 EUR, zur PV 6,35 EUR, insgesamt 45,44 EUR.

Durch weiteren Bescheid vom 29.08.2018 stellte die Beklagte zu 1) - zugleich im Namen der Beklagten zu 2) - die Beitragspflicht der ausgezahlten Kapitalleistung von 32.790,60 EUR fest. Für die Beitragsbemessung gelte 1/120 der Leistung (273,26 EUR) für die Dauer von 10 Jahren als monatlicher Zahlbetrag und Grundlage für die Beitragsberechnung. Zusammen mit dem Zahlbetrag aus der Kapitalleistung von 29.878,29 EUR in Höhe von 248,99 EUR gelte als monatlicher Gesamtzahlbetrag 522,25 EUR. Hieraus betrage ab 01.09.2018 der monatliche Beitrag zur KV 81,99 EUR, zur PV 13,22 EUR, insgesamt 95,31 EUR.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 06.09.2018 Widerspruch ein. Sie wies daraufhin, dass "die monatlichen Beitragszahlungen in die beiden Lebensversicherungsverträge (Altverträge/Direktversicherung)" ausschließlich "aus verbeitragtem Einkommen" erfolgt seien; das der Krankenkassenbeitragsberechnung zu Grunde gelegte monatliche Bruttoeinkommen sei nicht um die Lebensversicherungsbeiträge reduziert worden. Die Klägerin meinte, eine Beitragserhebung auf die Lebensversicherungskapitalzahlung stelle einen nochmaligen Beitrag auf bereits verbeitragtes Einkommen dar und sei nicht berechtigt.

Auf Anfrage der Beklagten zu 1) teilte die ALLIANZ Lebensversicherungs-AG mit Schreiben vom 13.11.2018 mit, beide Versicherungen seien eindeutig als Firmendirektversicherungen beantragt worden; von Beginn der Verträge bis zu deren Ablauf seien Versicherungsnehmer der Arbeitgeber, versicherte Person die Klägerin gewesen.

Auf Hinweis der Beklagten zu 1), dass der Bescheid vom 27.06.2018 bestandskräftig sei, jedoch nach § 44 SGB X überprüft werden können, in der Sache aber die Beitragserhebung aus den beiden Kapitalleistungen rechtmäßig sei, erklärte die Klägerin, sie wolle eine Überprüfung beider Beitragsbescheide. Sie meinte, beide Lebensversicherungsverträge seien von ihr nicht zur Bildung einer Altersversorgung abgeschlossen worden, auch wenn möglicherweise eine falsche Betitelung erfolgt sei. Beide Verträge hätten als reine Kapitalbildung in Ansparform gedient. Dies werde auch daraus deutlich, dass beide Verträge nicht auf ihr Renteneintrittsalter (01.12.2024) bezogen gew...

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