Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. stationäre Pflege. Tod des Leistungsberechtigten. Geltendmachung ungedeckter Heimkosten durch ein Kind. Sonderrechtsnachfolge gem § 56 SGB 1. Vererbung nach § 58 SGB 1. Bedarfsdeckung durch vorleistenden Dritten. tatsächliches Bestehen eines Anspruchs

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen kann wegen seines höchstpersönlichen Charakters grundsätzlich weder im Wege der Sonderrechtsnachfolge (§ 56 SGB 1) noch im Wege der Vererbung (§ 58 SGB 1) auf einen Dritten übergehen.

2. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung der Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Sozialhilfeträger nicht rechtzeitig geholfen oder die Hilfe abgelehnt hat (Anschluss an BVerwG vom 5.5.1994 - 5 C 43/91 = BVerwGE 96, 18 und BSG vom 23.7.2014 - B 8 SO 14/13 R = BSGE 116, 210 = SozR 4-3500 § 28 Nr 9).

3. Voraussetzung ist, dass ein Anspruch des Verstorbenen auf Sozialhilfeleistungen auch tatsächlich bestanden hat.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger von dem Beklagten die Übernahme von Heimkosten aus Mitteln der Sozialhilfe für die Zeit vom 01.10.2014 bis 19.10.2015 in Höhe von 16.649,01 EUR

Der Kläger ist das einzige Kind der am 00.00.0000 geborenen und am 19.10.2015 verstorbenen I. Q ... Diese war seit 2007 verwitwet. Durch notariellen Vertrag vom 08.09.2010 übertrug I. Q. ihrem Sohn ein Hausgrundstück; in dem Vertrag räumte der Kläger seiner Mutter einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch an dem übertragenen Grundbesitz ein, dessen Jahreswert mit 3.600,00 EUR angegeben wurde; einen Kaufpreis hatte der Kläger nicht zu entrichten. Vom 22.06.2012 bis zu ihrem Tod lebte I. Q. in einem Alten- und Pflegeheim. Am 12.07.2012 erteilte I. Q. dem Kläger - notariell beurkundet - Generalvollmacht unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Noch am selben Tag veräußerte der Kläger das im Jahr 2010 von seiner Mutter erhaltene Hausgrundstück für 100.000 EUR; als von den Beschränkungen des §181 BGB befreiter Bevollmächtigter seiner Mutter verzichtete er auf deren Nießbrauchrecht, dessen Jahreswert nunmehr mit 6.000,00 EUR beziffert wurde, und bewilligte dessen Löschung.

Am 20.12.2013 beantragte der Kläger für seine Mutter bei dem Beklagten erstmals die Übernahme von Heimkosten aus Mitteln der Sozialhilfe. Im Rahmen eines Gesprächs mit einer Mitarbeiterin des Beklagten am 13.01.2014 erklärte der Kläger, das Geld aus dem Hausverkauf stehe seiner Mutter zu; es sei zwar auf seinen Namen angelegt, jedoch überweise er davon jeden Monat Geld auf das Konto seiner Mutter, von dem dann deren Heimkosten bezahlt würden. Am 12.02.2014 nahm der Kläger den Antrag im Hinblick auf noch vorhandenes einzusetzendes Vermögen zurück.

Am 26.03.2014 beantragte der Kläger für seine Mutter erneut die Übernahme von Heimkosten aus Mitteln der Sozialhilfe. Am 23.04.2014 erklärte der Kläger bei der Beklagten.: "Das Grundvermögen "O" wurde am 08.09.2010 auf mich übertragen. Für meine Mutter wurde ein Nießbrauchrecht sowie ein Rücktrittsrecht vereinbart. Das Grundvermögen habe ich am 12.07.2012 an Dritte veräußert. Der Verkaufserlös betrug 100.000,00 EUR. Das Nießbrauch- sowie Rücktrittsrecht wurde im Rahmen der Übertragung gelöscht. Der Verkaufserlös wurde auf meinen Namen angelegt. Bis heute habe ich hiervon für meine Mutter alle Heimkosten, Taschengelder sowie diverse Anschaffungen gezahlt. Ebenso wurde der Bestattungsvorsorgevertrag über 6.000,-EUR hiervon gezahlt. Auf meinem Konto sind aus dem Verkaufserlös zur Zeit noch 70.000,- EUR vorhanden. Das Girokonto meiner Mutter weist derzeit ein Guthaben von 7.484,78 EUR auf. Ich werde auch weiterhin alle Kosten meine Mutter betreffend aus dem vorhandenen Vermögen zahlen."

Daraufhin lehnte Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 24.04.2014 ab mit der Begründung, es sei noch einsetzbares Vermögen vorhanden, das den Schonbetrag von 2.600,00 EUR übersteige. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 28.10.2014 zurück. Die dagegen erhoben Klage (SG Aachen - S 20 SO 208/14) wurde am 26.05.2015 zurückgenommen.

Bereits mit Schreiben vom 17.10. und 13.11.2014 hatte der Kläger erneut für seine Mutter die Übernahme angeblich ungedeckter Heimkosten beantragt. Er räumte ein, dass seine Mutter zwar das Hausgrundstück an ihn verschenkt und er dieses verkauft und einen Erlös von 100.000 EUR erzielt habe. Er meinte jedoch, ein Rückforderungsanspruch seiner Mutter gem. § 528 Abs. 1 BGB ihm gegenüber sei gem. § 529 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, weil mit der Rückgabe sein "standesgemäßer Unterhalt" gefährdet würde. Bei der Bestimmung des "standesgemäßen Unterhaltes" seien die jeweils einschlägigen familienrechtlichen Bestimmungen und die von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe heranzuzie...

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