1. Gesellschafterversammlung

a) Befugnisse

 

Rz. 115

Die Gesellschafterversammlung ist das oberste Organ der Gesellschaft. Ihr stehen gemäß Art. 804 Abs. 2 OR die folgenden unübertragbaren Befugnisse zu:

die Änderung der Statuten;
die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern;
die Bestellung und die Abberufung der Mitglieder der Revisionsstelle und des Konzernrechnungsprüfers (aufgrund der Revision des Obligationenrechts von 2016 fällt die Bestellung und Abberufung des Konzernrechnungsprüfers weg; Inkrafttreten voraussichtlich im Jahr 2022);
die Genehmigung des Lageberichts und der Konzernrechnung;
aufgrund der Revision des Obligationenrechts von 2016 zusätzlich: Die Beschussfassung über die Rückzahlung von Kapitalreserven (Inkrafttreten voraussichtlich im Jahr 2022);
die Genehmigung der Jahresrechnung sowie die Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinnes, insbesondere die Festsetzung der Dividende und der Tantieme;
die Festsetzung der Entschädigung der Geschäftsführer;
die Entlastung der Geschäftsführer;
die Zustimmung zur Abtretung von Stammanteilen beziehungsweise die Anerkennung als stimmberechtigter Gesellschafter;
die Zustimmung zur Bestellung eines Pfandrechts an Stammanteilen, falls die Statuten dies vorsehen;
die Beschlussfassung über die Ausübung statutarischer Vorhand-, Vorkaufs- oder Kaufsrechte;
die Ermächtigung der Geschäftsführer zum Erwerb eigener Stammanteile durch die Gesellschaft oder die Genehmigung eines solchen Erwerbs;
die nähere Regelung von Nebenleistungspflichten in einem Reglement, falls die Statuten auf ein Reglement verweisen;
die Zustimmung zu Tätigkeiten der Geschäftsführer und der Gesellschafter, die gegen die Treuepflicht oder das Konkurrenzverbot verstoßen, sofern die Statuten auf das Erfordernis der Zustimmung aller Gesellschafter verzichten;
die Beschlussfassung darüber, ob dem Gericht beantragt werden soll, ein Gesellschafter aus wichtigem Grund auszuschließen;
der Ausschluss eines Gesellschafters aus in den Statuten vorgesehenen Gründen;
die Auflösung der Gesellschaft;
die Genehmigung von Geschäften der Geschäftsführer, für die die Statuten die Zustimmung der Gesellschafterversammlung fordern;
die Beschlussfassung über die Gegenstände, die das Gesetz oder die Statuten der Gesellschafterversammlung vorbehalten oder die ihr die Geschäftsführer vorlegen.
 

Rz. 116

Ist statutarisch nichts anderes vereinbart, steht der Gesellschafterversammlung außerdem das Recht zur Bestellung von Direktoren, Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten zu (Art. 804 Abs. 3 OR). Die Statuten können weiter vorsehen, dass die Geschäftsführer der Gesellschafterversammlung (1) bestimmte – in den Statuten beschriebene – Entscheide zur Genehmigung vorlegen müssen sowie (2) einzelne Fragen zur Genehmigung vorlegen können (Art. 811 OR).

b) Einberufung

 

Rz. 117

Die so genannte ordentliche Gesellschafterversammlung findet alljährlich innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres statt und wird von den Geschäftsführern einberufen (Art. 805 Abs. 2 OR).

Von außerordentlichen Gesellschafterversammlungen spricht man in folgenden Fällen:

Auf Begehren eines oder mehrerer Gesellschafter, welche mindestens 10 % des Stammkapitals vertreten, müssen die Geschäftsführer eine Gesellschafterversammlung einberufen. Kommen die Geschäftsführer diesem Begehren nicht innert angemessener Frist nach, so hat der Richter auf Antrag der Gesuchssteller die Einberufung anzuordnen (Art. 805 i.V.m. Art. 699 OR).
Falls die Revisionsstelle oder die Liquidatoren von ihrem Einberufungsrecht Gebrauch machen, oder wenn nebst der ordentlichen Gesellschafterversammlung noch weitere Gesellschafterversammlungen von der Geschäftsführung einberufen werden (Art. 805 i.V.m. Art. 699 OR).

Die Form der Einberufung bestimmt sich für ordentliche und außerordentliche Gesellschafterversammlungen nach den Statuten. In der Einladung müssen alle Verhandlungsgegenstände und Anträge aufgeführt sein. Gesellschafter, welche mindestens 10 % des Stammkapitals vertreten, haben – nebst dem oben erwähnten Einberufungsrecht – auch das Recht, Verhandlungsgegenstände zu traktandieren. Der Gesellschafter kann dieses Begehren jederzeit stellen, muss jedoch beachten, dass er dieses rechtzeitig vor der Gesellschafterversammlung stellt, denn die Geschäftsführung hat den neuen Verhandlungsgegenstand den übrigen Gesellschaftern rechtzeitig zur Kenntnis zu bringen (Art. 805 i.V.m. Art. 699 OR).

Gemäss Art. 805 i.V.m Art. 699b nOR können Gesellschafter, welche über mindestens 5 % des Stammkapitals verfügen, die Traktandierung von Verhandlungsgegenständen und die Aufnahme von Anträgen verlangen (Revision des Obligationenrechts von 2016, Inkrafttreten voraussichtlich im Jahr 2022).

Eine Gesellschafterversammlung (inkl. Verhandlungsgegenständen und Anträge sowie im Fall der ordentlichen Gesellschafterversammlung der Geschäftsbericht und ein allfälliger Revisionsbericht) ist – sofern die Statuten nichts anderes bestimmen – spätestens 20 Tage vorher einzuberufen. Die ...

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