Rz. 191

Örtlich zuständig zur Anordnung von Sicherungsmaßregeln ist die Behörde am letzten Wohnsitz des Erblassers (Art. 28 Abs. 2 ZPO). Im internationalen Verhältnis und damit namentlich für Erblasser mit letztem Wohnsitz im Ausland bestimmt sich die Zuständigkeit gem. Art. 86–89 IPRG. Besteht danach eine Zuständigkeit von schweizerischen Behörden, so ist auch für die Durchführung der Maßnahmen schweizerisches Recht maßgebend (Art. 92 Abs. 2 IPRG).

 

Rz. 192

Die Festlegung der sachlichen Zuständigkeit erfolgt durch das kantonale Recht.[324] Je nach Zuständigkeitsregelung durch den Kanton ist das zur freiwilligen Gerichtsbarkeit gehörende Verfahren auf Erlass von Sicherungsmaßregeln nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung oder nach kantonalem Recht durchzuführen. Gegenstand von Sicherungsmaßregeln ist einzig die ordnungsgemäße Abwicklung des Erbganges, nicht aber der autoritative Entscheid von Streitigkeiten unter den Erbanwärtern über die materielle Rechtslage. Dieser ist vielmehr dem Zivilrichter vorbehalten.[325] Den von den Sicherungsbehörden getroffenen Entscheiden, insbesondere auch den ausgestellten Erbenscheinen, kommt keine materielle Rechtskraft zu; vielmehr können sie abgeändert oder zurückgenommen werden, wenn ihr Grund nachträglich weggefallen ist, sie sich als unrichtig erweisen oder die Verhältnisse sich geändert haben.[326]

 

Rz. 193

Die Rechtsmittel richten sich zunächst nach dem konkret anwendbaren Recht, d.h. nach der Zivilprozessordnung bzw. dem kantonalen Recht. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid kann das Bundesgericht mit einer Beschwerde in Zivilsachen gem. Art. 72 ff. BGG[327] angerufen werden, sofern die Angelegenheit als vermögensrechtliche qualifiziert und die Streitwertgrenze von 30.000 CHF (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) erreicht wird. Sind die Voraussetzungen der Beschwerde in Zivilsachen nicht gegeben, steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) zur Verfügung.

[324] Von Bundesrechts wegen wird dabei nicht die Einsetzung einer Gerichtsbehörde verlangt, so dass die Handhabung der Sicherungsmaßregeln auch an Verwaltungsbehörden übertragen werden kann. Im Einzelnen besteht eine große Vielfalt kantonaler Regelungen.
[325] Siehe zur streitigen Gerichtsbarkeit Rdn 209 f.
[326] Karrer/Vogt/Leu, BSK-ZGB, Vorbemerkungen zu Art. 551–559 ZGB Rn 10. Zum Ganzen auch Wolf, Sicherungsmaßregeln, S. 188 f. m.w.N.
[327] Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110).

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