Rz. 1

Im schwedischen Wirtschaftsleben ist eigentlich nur eine Kapitalgesellschaftsform von Bedeutung: die Aktiengesellschaft. Im Jahre 2020 wurden mehr als 1,2 Millionen eingetragene Aktiengesellschaften gezählt (bei ca. 10 Millionen Einwohnern).[1] Auch kleinere Unternehmen, Handwerksbetriebe, Dienstleistungs- und auch Vermögensverwaltungsunternehmen sind üblicherweise als Aktiengesellschaft organisiert. Sogar die freien Berufe, wie z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Ärzte und Architekten, arbeiten ganz überwiegend in der Form einer Aktiengesellschaft, was seinen Grund hauptsächlich in steuerrechtlichen Erwägungen hat.

 

Rz. 2

Eine der GmbH vergleichbare zweite Kapitalgesellschaftsform gibt es in Schweden nicht. Im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinien wurden jedoch Aktiengesellschaften in "privat aktiebolag" (private Aktiengesellschaft; im Folgenden "Privat-Aktiengesellschaft" oder "Privat-AB") und in "publikt aktiebolag" (Publikumsaktiengesellschaft; im Folgenden "Publikums-Aktiengesellschaft" oder "Publikums-AB") eingeteilt.[2] Diese Einteilung entspricht nicht der Abgrenzung zwischen AG und GmbH im deutschen Recht.[3] Vielmehr bezweckt sie, die Gesellschaften, die Aktien und Wertpapiere (Schuldverschreibungen, Optionen etc.) am Kapitalmarkt anbieten und die ihr Unternehmen somit bei einem breiten Anlegerpublikum finanzieren, als Publikums-Aktiengesellschaft besonders zu kennzeichnen und mit einer Reihe von zwingenden Sondervorschriften zu versehen. Diese sind am Ende eines jeden Kapitels des Aktiengesellschaftsgesetzes getrennt aufgeführt. Sie sehen insbesondere eine Reihe von strengeren zwingenden Vorschriften zum Zwecke des Anlegerschutzes vor. Die Privat-Aktiengesellschaft soll ihr Kapital nicht öffentlich, d.h. nicht über den Kapitalmarkt, finanzieren können. Die Aktien dürfen nicht an der Börse oder an einem anderen Kapitalmarkt gehandelt werden.

 

Rz. 3

Da sich diese Darstellung v.a. auf die der GmbH vergleichbaren Gesellschaftsformen konzentriert, wird im Folgenden vorzugsweise das Recht der Privat-Aktiengesellschaft behandelt.

[1] https://tillvaxtverket.se/statistik/foretagande/basfakta-om-foretag.html. Statistische Erfassung des Tillväxtverkets, einer Behörde zur Förderung von Neugründungen.
[2] Kap. 1 § 2 ABL.
[3] Beim schwedischen Aktienrecht ist allerdings ein deutlicher deutscher Einfluss erkennbar; vgl. Skog, A Remarkable Decade: The Awakening of Swedish Institutional Investors, Die Aktiengesellschaft 2005, 2 ff. Fn 4.

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