Rz. 19

Die Haftungsvorschriften sehen einen sehr unterschiedlichen Umfang für die Haftung vor. Die Haftung nach Vorschriften der Einzelsteuergesetze ordnet meist eine auf einen bestimmten Sachverhalt oder eine Sachverhaltsgruppe beschränkte Haftung für die nicht gezahlte oder abgeführte Steuer an. Sie ist also insoweit im Umfang sehr eingeschränkt, enthält aber meist darüber hinaus keine vermögensmäßigen Einschränkungen. Die Haftungsvorschriften der AO enthalten – abgesehen von den übrigen sich aus den Tatbestandsvoraussetzungen ergebenden Einschränkungen – mehr oder weniger Beschränkungen verschiedener Art. Während einige Vorschriften eine Haftung für alle Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis vorsehen[1], lassen andere nur für Steuerschulden oder lediglich für bestimmte sachlich oder zeitlich eingeschränkte Steuerschulden haften.[2] Weitere Vorschriften sehen eine Haftung nur für verkürzte Steuern und zu Unrecht gewährte Steuervorteile vor.[3]

 

Rz. 20

Die aus den Steuergesetzen abzuleitenden Haftungsansprüche unterliegen nicht der Disposition des Haftenden im Verhältnis zu dritten Personen. Es handelt sich bei diesen Ansprüchen um solche aus zwingenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses bzw. einer Haftungsbeschränkung z. B. bei der Übernahme eines Unternehmens im Ganzen kann deshalb keine Rechtswirkungen haben.

 

Rz. 21

Bei den aus dem Zivilrecht herangezogenen Haftungstatbeständen richtet sich der Umfang ausschließlich nach den dort gezogenen Grenzen. Das Steuerrecht hat den Inhalt der Normen so übernommen, wie er im Zivilrecht vorhanden ist. Dieser Gedanke ist für den Anwendungsfall der Verjährung in § 191 Abs. 4 AO zum Ausdruck gekommen. Sieht das Zivilrecht Beschränkungen vor wie z. B. die Beschränkung der Haftung eines Kommanditisten auf seine Einlage nach § 171 Abs. 1 HGB, so gelten diese auch für die Haftungsinanspruchnahme durch Haftungsbescheid nach § 191. Erlaubt die zivilrechtliche Vorschrift die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses, so ist ein unter Beachtung der Vorschrift vereinbarter Haftungsausschluss auch im steuerlichen Haftungsverfahren wirksam und zu beachten.[4] Über diese Ausschlussmöglichkeiten hinaus besteht keine Möglichkeit für eine haftungsausschließende Vereinbarung.[5]

[1] Z. B. §§ 69, 72 AO.
[2] Z. B. für Steuern aus Organschaftsverhältnissen, § 73 AO, oder für betrieblich bedingte und begründete Steuern, §§ 74, 75 AO.
[3] Z. B. §§ 70, 71 AO.

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