Rz. 140

Nach § 689 ZPO ist das Amtsgericht, bei dem der Antragsteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ausschließlich für das Mahnverfahren zuständig. Durch diese gesetzliche Vorgabe wird der Antragsteller in aller Regel einen Rechtsanwalt seines Wohnsitzes mit der Vertretung im Mahnverfahren beauftragen. Die Kosten dieses Rechtsanwalts sind nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO vom Antragsgegner zu erstatten. Darauf, dass der Antragsteller den Antrag selbst hätte stellen können, kommt es nicht an.

 

Rz. 141

Legt jedoch der Schuldner rechtzeitig gegen den Mahnbescheid Widerspruch ein und wird beantragt, das streitige Verfahren durchzuführen, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO bezeichnet worden ist (§ 696 Abs. 1 ZPO). Da ein Wechsel in der Person des Rechtsanwalts seit der seit dem 1.1.2000 geltenden Rechtslage in Verfahren, die zur Zuständigkeit der Landgerichte gehören, beim Übergang vom Mahnverfahren in das streitige Verfahren i.S.d. § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht mehr erforderlich ist,[103] ist der im Mahnverfahren beauftragte Rechtsanwalt auch bei dem Landgericht eines anderen Bezirks postulationsfähig, bei dem das streitige Verfahren geführt wird. Insofern kann eine Partei, die vor einem auswärtigen Gericht klagt bzw. verklagt wird, in der Regel in erstattungsfähiger Weise einen Rechtsanwalt mit Kanzlei in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftssitzes beauftragen.[104] Hieraus folgt wiederum, dass im Mahnverfahren die sog. Widerspruchsprognose regelmäßig nicht mehr erforderlich ist, weil der Antragsteller im Mahnverfahren gebührenrechtlich der Partei gleichzustellen ist, die sogleich das streitige Verfahren betreibt. Denn klagt die Partei ohne vorausgegangenes Mahnverfahren, kann sie grundsätzlich ohne Kostennachteile einen Anwalt mit Kanzlei in der Nähe ihres Geschäftssitzes beauftragen.[105]

 

Rz. 142

Grundsätzlich wird die Verfahrensgebühr für die Vertretung des Antragstellers im Mahnverfahren wie auch die für die Vertretung des Antragsgegners auf die Verfahrensgebühr für einen nachfolgenden Rechtsstreit angerechnet (VV 3305 S. 2 bzw. VV 3307 S. 2). Dies gilt jedoch nicht, wenn die jeweiligen Verfahrensgebühren von verschiedenen Rechtsanwälten verdient sind.[106] Die Anrechnungsregelungen gelten nämlich nur im Verhältnis des Mandanten zu seinem Rechtsanwalt. Nicht geklärt ist damit die Frage, ob der Prozessgegner nach einem Unterliegen im Rechtsstreit somit beide Verfahrensgebühren zu erstatten hat.

Grundsätzlich sind die Kosten mehrerer Anwälte nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Anwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste (§ 91 Abs. 2 S. 2 ZPO). Auf den Fall des Anwaltswechsels zwischen einem selbstständigen Beweisverfahren und dem nachfolgenden Hauptsacheverfahren hat der BGH[107] § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO für anwendbar erklärt. Der Grund dafür liegt darin, dass jede Partei die Kosten ihrer Prozessführung so niedrig halten muss, wie es sich mit einer ihre Rechte wahrenden Prozessführung verträgt. Da es insoweit um die Kosten des Rechtsstreits geht, ist nur ein Anwaltswechsel innerhalb des gerichtlichen Verfahrens angesprochen. Zum gerichtlichen Verfahren in diesem Sinne gehört auch ein selbstständiges Beweisverfahren. Zwar handelt es sich gebührenrechtlich um eine gegenüber dem Klageverfahren eigene Angelegenheit. Das Beweis- und das Erkenntnisverfahren sind aber sachlich, zeitlich und hinsichtlich der Beteiligten eng verflochten. Diese Argumentation überträgt der BGH auch auf den Fall des Anwaltswechsels zwischen Mahn- und streitigem Verfahren. Das Mahnverfahren ist Teil des in § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO angesprochenen gerichtlichen Verfahrens. Zwar sind das Mahn- und das nachfolgende streitige Verfahren gebührenrechtlich verschiedene Angelegenheiten (§ 17 Nr. 2). Darauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Maßgeblich ist vielmehr, dass das Mahnverfahren – mehr noch als das selbstständige Beweisverfahren – mit dem streitigen Verfahren so eng verflochten ist, dass es als Teil des Rechtsstreits i.S.v. § 91 ZPO zu betrachten ist. Das Mahnverfahren ist daher kein eigenständiges Streitverfahren, sondern ein diesem nur vorgelagertes Verfahren zur vereinfachten und beschleunigten Erlangung eines Vollstreckungstitels.[108] Dies verdeutlicht vor allem § 696 ZPO. Danach wird im Fall eines Widerspruchs "der Rechtsstreit" an das Prozessgericht abgegeben (§ 696 Abs. 1 S. 1 ZPO). Mit Eingang der Akten bei diesem Gericht gilt der Rechtsstreit als dort anhängig (§ 696 Abs. 1 S. 4 ZPO). Erfolgt die Abgabe alsbald nach Erhebung des Widerspruchs, gilt die Streitsache als mit der Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden (§ 696 Abs. 3 ZPO). Die im Verfahren vor dem Mahngericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die vor dem Prozessgericht erwachsen (§§ 696 Abs. 1 S. 5, 281 Abs. 3 S. 1 ZPO). Folge: Sie s...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge