Rz. 13

Keine berufsgerichtlichen Verfahren wegen Verletzung einer Berufspflicht i.S.v. VV Teil 6 Abschnitt 2 sind die Verfahren betreffend die Anfechtung von Verwaltungsakten nach § 111 BNotO, § 112a BRAO, § 94a PAO. Gleiches gilt, soweit das ehren- oder berufsgerichtliche Verfahren einen anderen Gegenstand als die Verletzung einer Berufspflicht betrifft. Zu solchen Verfahren, die nicht die Verletzung einer Berufspflicht betreffen, gehören insbesondere Rechtsbehelfe in Zulassungssachen oder Verfahren über die Entscheidung über Anträge auf Nichtigerklärung von Wahlen oder Beschlüssen. Auf diese Verfahren waren nach § 40 Abs. 4 BRAO a.F., § 36 Abs. 4 PAO a.F. die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) entsprechend anzuwenden. Nach dem Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht vom 30.7.2009 richten sich diese Streitsachen nach der VwGO (vgl. § 112c BRAO, § 94b PAO, § 111b BNotO) und die betreffenden Verwaltungsverfahren nach dem VwVfG.[17] Da aber in Verfahren nach der VwGO die Gebühren nach den Vorschriften nach VV Teil 3 entstehen,[18] finden diese Vorschriften auch in den genannten berufsgerichtlichen Verfahren Anwendung.

 

Rz. 14

Umstritten war bisher die Vergütung in Rechtsmittelverfahren in berufsgerichtlichen Verfahren, die nicht die Verletzung einer Berufspflicht betreffen.[19] Diese waren als Beschwerdeverfahren ausgestaltet (§§ 42 ff. BRAO). Da sie nunmehr als Berufungsverfahren ausgestaltet sind (vgl. § 112e BRAO, § 94d PAO, § 111d BNotO), kommt es auf diesen Streit nicht mehr an. Vielmehr entstehen die Gebühren nach VV Teil 3 Abschnitt 2.

 

Rz. 15

Auch das Einspruchsverfahren gegen eine Rüge des Vorstandes der Kammer (§ 74 Abs. 5 BRAO; § 63 Abs. 5 WPO; § 81 Abs. 5 StBerG, § 70 Abs. 5 PAO) zählt nicht zu den berufsgerichtlichen Verfahren wegen Verletzung einer Berufspflicht i.S.v. VV Teil 6 Abschnitt 2. Das berufsgerichtliche Verfahren beginnt in diesen Fällen vielmehr erst mit dem Antrag auf ehrengerichtliche Entscheidung (§ 74a Abs. 1 BRAO) oder Einleitung eines ehrengerichtlichen Verfahrens (§§ 74a Abs. 5, 121 BRAO), da die Rüge des Vorstandes der Kammer keine berufsgerichtliche Maßnahme ist. Dementsprechend wird die bis zum Antrag auf ehrengerichtliche Entscheidung (§ 74a Abs. 1 BRAO) oder Einleitung eines ehrengerichtlichen Verfahrens (§§ 74a Abs. 5, 121 BRAO) ausgeübte Tätigkeit nach den Vorschriften nach VV Teil 2 vergütet. VV 6202 ist insoweit nicht anwendbar, da Voraussetzung für ihre Anwendung eine Tätigkeit im außergerichtlichen Teil eines Disziplinarverfahrens oder berufsgerichtlichen Verfahrens wegen Verletzung einer Berufspflicht ist.[20]

[17] Kirchberg, BRAK-Mitt. 5/2009, 215.
[18] BT-Drucks 15/1971, S. 208.
[19] Erste Auffassung: EGH Frankfurt KostRsp. BRAGO § 110 Nr. 1 m. abl. Anm. Schmidt; EGH Stuttgart KostRsp BRAGO § 110 Nr. 2 m. abl. Anm. Schmidt; EGH Hamm EGE IX, 148; zweite Auffassung: EGH Stuttgart KostRsp. BRAGO § 110 Nr. 5 m. ausf. Gründen; OLG Rostock AnwBl 1995, 563; AnwBl 1997, 506; Hansens, JurBüro 1989, 1625; dritte Auffassung: OLG Naumburg AnwBl 1997, 505.
[20] A.A. Hartung, NJW 2005, 3093, 3094.

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