I. Abgeltungsbereich der Pauschgebühren

 

Rz. 4

Die Pauschgebühren der VV 4100 ff. erfassen die gesamte Tätigkeit des Anwalts in den jeweiligen Verfahrensabschnitten. Hierzu zählen:

das vorbereitende Verfahren (VV 4104)
das erstinstanzliche Verfahren (VV 4106 ff.)
das Berufungsverfahren (VV 4124 ff.) und
das Revisionsverfahren (VV 4130 ff.) sowie
das Wiederaufnahmeverfahren (VV 4136 ff.).
 

Rz. 5

Innerhalb dieser Verfahrensabschnitte werden sämtliche Tätigkeiten durch die jeweiligen Pauschgebühren abgegolten. Hierzu zählten insbesondere:

das Verfahren auf Bestellung als Pflichtverteidiger;
die Beratung des Auftraggebers;
die Beratung über die Aussichten eines noch einzulegenden Rechtsmittels;
Anträge auf Berichtigung des Urteils oder eines Beschlusses;
Beschwerdeverfahren mit Ausnahme der Erinnerung und Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss oder gegen den Kostenansatz (VV Vorb. 4 Abs. 5 Nr. 1) sowie Beschwerden in der Zwangsvollstreckung (VV Vorb. 4 Abs. 5 Nr. 2). Für Beschwerdeverfahren gewähren die Vorschriften des VV Teil 4 mit Ausnahme der VV 4139 keine gesonderten Gebühren. Das stellt der neue § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10a jetzt nochmals ausdrücklich klar. Eine der VV 3500 entsprechende Vorschrift fehlt hier. Die Mehrtätigkeit im Beschwerdeverfahren kann nur durch eine höhere Bemessung im Rahmen des § 14 Abs. 1 berücksichtigt werden. Ist der Anwalt allerdings ausschließlich mit der Vertretung im Beschwerdeverfahren beauftragt, also nicht auch mit der Verteidigung insgesamt, gilt VV Vorb. 4.1 nicht; vielmehr löst die Tätigkeit des Anwalts dann gesonderte Gebühren nach VV 4302 Nr. 1 aus;
besondere Anträge;
Besprechungen mit dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und sonstigen Beteiligten;[1]
Besuche in der Haftanstalt;
die Einlegung eines Rechtsmittels durch den in dieser Instanz tätigen Verteidiger (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10) (im Einzelnen sowie zu der Frage, ob und inwieweit hierzu auch die Beratung über das Rechtsmittel zählt, siehe Rdn 36 ff.);
die Einsicht in Straf- und Ermittlungsakten; die Kosten der Ablichtungen sind allerdings nach VV 7000 Nr. 1 Buchst. a gesondert zu vergüten;
die Entgegennahme der Information;
die Entgegennahme und Weiterleitung der gegnerischen Rechtsmittelschrift;[2]
Anträge auf Ergänzung und Berichtigung des Protokolls oder einer gerichtlichen Entscheidung;
die Ermittlung von Zeugen;
das Haftprüfungsverfahren, ausgenommen die Teilnahme an einer Verhandlung in einem Haftprüfungstermin, die jetzt nach VV 4102 Nr. 3 eine gesonderte Gebühr auslöst;
das Klageerzwingungsverfahren (§§ 172 Abs. 2 bis 4, 173 Abs. 1 StPO);[3]
das Kostenfestsetzungsverfahren, mit Ausnahme der Erinnerung und Beschwerde (VV Vorb. 4 Abs. 5 Nr. 1);
die Überprüfung der Kostenrechnung und des Kostenansatzes, einschließlich der Erinnerung und Beschwerde gegen den Kostenansatz (§ 18 Abs. 1 Nr. 3);
das Verfahren über die Bewilligung und Aufhebung von Prozesskostenhilfe (§ 16 Nr. 2). Soweit die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in Betracht kommt, also für den Neben- oder Privatkläger oder den Verteidiger im Adhäsionsverfahren, wird auch diese Tätigkeit durch die jeweiligen Gebühren abgegolten;
der Schriftverkehr mit dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und sonstigen Beteiligten;
jede auftragsgemäße Tätigkeit im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs (Abs. 2 S. 2), soweit es nicht um vermögensrechtliche Ansprüche geht, ausgenommen die Teilnahme an Verhandlungen (VV 4102 Nr. 4). Gemeint sind hier Tätigkeiten im Rahmen der §§ 153a Abs. 1 Nr. 5, 155a, 155b StPO;
das Verfahren über Einziehung, Verfall, Vernichtung, Unbrauchbarmachung, Herausgabe des Mehrerlöses und eine Beschlagnahme bei Werten unter 30 EUR (arg. e VV 4142);
das Verfahren nach Verweisung an ein Gericht des gleichen oder eines höheren Rechtszugs (§ 20 S. 1);
die Vertretung in der Hauptverhandlung; diese Tätigkeit wird durch die jeweiligen Terminsgebühren abgegolten;
die Vertretung in Fortsetzungsterminen; hierfür erhält der Anwalt allerdings gesonderte Terminsgebühren;
die Vorbereitung der Hauptverhandlung;
Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei dem Gericht, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Wird der Antrag dagegen beim Rechtsmittelgericht wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist gestellt, beginnt damit das Rechtsmittelverfahren (vgl. Rdn 6 und 29).
 

Rz. 6

In der Rechtsmittelinstanz wird darüber hinaus auch abgegolten:

der Antrag auf Verwerfung des gegnerischen Rechtsmittels;

die Rechtsmittelbegründung und -erwiderung, also

die Berufungsbegründung und -erwiderung[4]
die Revisionsbegründung und -gegenerklärung
die Rücknahme des Rechtsmittels;[5]
die Überprüfung des Urteils der Vorinstanz;
Antrag beim Rechtsmittelgericht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Rechtsmittelfrist unter gleichzeitiger Nachholung des Rechtsmittels. Wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beim Rechtsmittelgericht gestellt, was nach § 45 Abs. 1 S. 2 StPO zulässig ist, so gilt nicht Abs. 2 ...

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