Rz. 20

Vorgesehen sind in VV Teil 4 acht Arten von Verfahrensgebühren:

(1) Für die (Voll-)Verteidigung bzw. anderweitige (Voll-)Vertretung eines Beteiligten ist die allgemeine Verfahrensgebühr (Rahmengebühr) vorgesehen, deren Höhe sich nach dem jeweiligen Verfahrensstadium und erstinstanzlich darüber hinaus nach der Ordnung des Gerichts richtet.
(2) Ebenso ist für die (Voll-)Verteidigung bzw. anderweitige (Voll-)Vertretung eines Beteiligten die zusätzliche Verfahrensgebühr nach VV 4141 (Festgebühr in Höhe der Rahmenmitte) vorgesehen, deren Höhe sich nach dem jeweiligen Verfahrensstadium richtet, in dem die Hauptverhandlung entbehrlich geworden ist.
(3) Daneben ist eine besondere Verfahrensgebühr für die Tätigkeit hinsichtlich Einziehung und verwandter Maßnahmen vorgesehen (VV 4142); es handelt sich um eine Wertgebühr i.H.v. 1,0, die in jeder Instanz anfallen kann, allerdings im vorbereitenden und erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren insgesamt nur einmal.
(4) Ist der Anwalt mit der Durchsetzung vermögensrechtlicher Ansprüche betraut, entsteht eine weitere Verfahrensgebühr (Wertgebühr), deren Höhe sich nach der Instanz richtet (erstinstanzlich 2,0; VV 4143 – Berufung und Revision 2,5; VV 4144).
(5) Daneben regelt VV 4145 eine Verfahrensgebühr für bestimmte Beschwerdeverfahren, die als eigene Angelegenheiten gesondert abzurechnen sind.
(6) Darüber hinaus sind gesonderte Verfahrensgebühren im Wiederaufnahmeverfahren geregelt (VV 4137 ff.)
(7) Weitere Verfahrensgebühren (Rahmengebühren) sind in der Strafvollstreckung vorgesehen (VV 4200 ff.).
(8) Schließlich sind für Einzeltätigkeiten ebenfalls noch besondere Verfahrensgebühren geregelt (VV 4300 ff.).
 

Rz. 21

Des Weiteren ist in VV 4136 eine Geschäftsgebühr geregelt. Hierfür gilt Abs. 2 entsprechend.

 

Rz. 22

In Abs. 2 wird wie auch für alle anderen Angelegenheiten des VV angeordnet, dass die jeweilige Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts entsteht. Sie entgilt innerhalb ihres Anwendungsbereichs alle Tätigkeiten, beginnend mit der Entgegennahme der Information. Der Abgeltungsbereich endet dort, wo besondere Gebühren vorgesehen sind, also bei der Wahrnehmung von Terminen, für die besondere Terminsgebühren vorgesehen sind. Soweit keine Terminsgebühren vorgesehen sind (z.B. bloße Teilnahme an einer Haftbefehlsverkündung) (siehe VV 4102–4103 Rdn 5), wird die entsprechende Tätigkeit durch die zugrunde liegende Verfahrensgebühr mit abgegolten.

 

Rz. 23

Eine Verfahrensgebühr als Betriebsgebühr muss immer entstehen, wenn der Anwalt als Verteidiger tätig wird. Die gegenteilige Auffassung[1] es entstehe nur eine Terminsgebühr, aber keine Verfahrensgebühr, wenn der Rechtsanwalt erst im Hauptverhandlungstermin zum Verteidiger bestellt und am Ende der ersten Hauptverhandlung bereits das Urteil verkündet und Rechtsmittelverzicht erklärt werde, ist unzutreffend und mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren. Eine Verfahrensgebühr entsteht für das Betreiben des Geschäfts. Es ist daher schon logischerweise ausgeschlossen, dass ein Anwalt einen Termin wahrnimmt, ohne zugleich das Geschäft zu betreiben. Wie soll das gehen?

 

Rz. 24

Die früher zum Teil vertretene Auffassung, die Verfahrensgebühr setze erst ein, wenn der Abgeltungsbereich der Grundgebühr verlassen sei, ist mit der Neufassung der VV 4100 durch das 2. KostRMoG nicht mehr vertretbar (siehe VV 4100 Rdn 31).

[1] OLG Koblenz AGS 2005, 155 m. abl. Anm. von N. Schneider = JurBüro 2005, 199; AG Koblenz AGS 2004, 448 m. abl. Anm. von N. Schneider = RVGreport 2004, 469 = KostRsp. RVG-VV Nr. 1.

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