Rz. 77

Wird der Anwalt beauftragt, gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Erinnerung oder sofortige Beschwerde einzulegen oder vertritt er den Auftraggeber in einem von der Gegenseite (Privatkläger, Nebenkläger oder Bezirksrevisor) eingeleiteten Erinnerungs- oder Beschwerdeverfahren, so erhält er nach Abs. 5 Nr. 1 eine gesonderte Vergütung. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach VV Teil 3, so dass hier also sowohl im Erinnerungsverfahren als auch im Verfahren über die sofortige Beschwerde VV 3500 gilt.

 

Rz. 78

Ungeachtet der Frage, ob eine Erinnerung oder eine Beschwerde gegeben ist und unabhängig davon, ob der Rechtspfleger im Falle einer sofortigen Beschwerde Abhilfe schafft, wird durch die Gebühren des Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. VV 3500 das gesamte Verfahren abgegolten bis zur abschließenden Entscheidung des Rechtspflegers, des Instanzrichters oder des Beschwerdegerichts. Insoweit liegt nur eine Angelegenheit vor, so dass die Gebühr nur einmal entsteht.

 

Rz. 79

Hilft allerdings der Rechtspfleger einer Erinnerung ab und wird hiergegen nunmehr von der Gegenseite nach § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG Erinnerung eingelegt, so handelt es sich um zwei Erinnerungsverfahren, so dass die Gebühr nach VV 3500 zweimal anfällt.[43] Die Vorschrift des § 16 Nr. 10 steht dem nicht entgegen. Sie lehnt sich an § 45 Abs. 2 GKG an und gilt nur, wenn gegen dieselbe Kostenfestsetzung mehrere Erinnerungen eingelegt werden.[44] Der Abhilfebeschluss stellt dagegen einen neuen Festsetzungsbeschluss dar, der selbstständig anfechtbar ist.

 

Rz. 80

Auch im Falle einer Zurückverweisung können mehrere Beschwerdegebühren anfallen, wenn gegen die erneute Festsetzung wiederum Beschwerde eingelegt wird (§ 21 Abs. 1).

 

Beispiel: Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des AG legt der Verteidiger für den Freigesprochenen Beschwerde ein. Das LG hebt den Beschluss auf und weist die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG zurück. Gegen die erneute Festsetzung legt der Verteidiger wiederum Beschwerde für seinen Mandanten ein.

Für die erste Beschwerde erhält der Anwalt die Vergütung aus Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. VV 3500. Für das erneute Festsetzungsverfahren vor dem AG gilt § 21 Abs. 1: Der Verteidiger, der jetzt nur noch mit der Kostenfestsetzung beauftragt ist, erhält zwar eine weitere Gebühr nach Abs. 5 Nr. 1; diese geht infolge der Anrechnung nach VV Vorb. 3 Abs. 6 jedoch wieder unter. Für das Beschwerdeverfahren erhält der Anwalt dagegen erneut die Gebühren nach Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. VV 3500.

 

Rz. 81

Im Erinnerungsverfahren gilt § 21 Abs. 1 nicht, da das Erinnerungsverfahren keine neue Instanz eröffnet. Also auch dann, wenn der Instanzrichter die Sache zur erneuten Entscheidung an den Rechtspfleger zurückgibt, entstehen hier keine weiteren Gebühren. Das Gleiche gilt, wenn nur der Nichtabhilfebeschluss aufgehoben und die Sache zurückgewiesen wird.[45]

 

Rz. 82

Entscheidet das Erstgericht irrtümlich, weil es von einer Erinnerung ausgeht, obwohl eine Beschwerde gegeben ist, und wird gegen diese Entscheidung nunmehr sofortige Beschwerde eingelegt, so liegen zwei Angelegenheiten vor (§ 15 Abs. 2). Es entsteht dann neben der Gebühr der VV 3500 für das Erinnerungsverfahren eine weitere Gebühr nach VV 3500 für das Beschwerdeverfahren.[46]

 

Rz. 83

Die Vergütung beläuft sich zunächst auf eine 0,5-Verfahrensgebühr (VV 3500). Diese Gebühr erhöht sich bei mehreren Auftraggebern, soweit diese am Gegenstand der Erinnerung gemeinschaftlich beteiligt sind, gemäß VV 1008 und 0,3 je weiteren Auftraggeber.[47]

 

Rz. 84

Wird ausnahmsweise über die Erinnerung und Beschwerde verhandelt oder kommt es anderweitig zu einem Termin i.S.d. VV Vorb. 3 Abs. 3, so kann auch die Gebühr nach VV 3513 entstehen.

 

Rz. 85

Der Gegenstandswert für die Gebühren im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren bemisst sich danach, in welchem Umfang eine Abänderung des Festsetzungsbeschlusses mit der Erinnerung bzw. der Beschwerde beantragt wird (§ 23 Abs. 2).[48]

[43] BPatGE 27, 235; Hansens, BRAGO, § 61 Rn 17; a.A. OLG Schleswig SchlHA 1989, 47.
[44] Auch die vergleichbare Vorschrift des § 45 Abs. 2 GKG gilt nur bei mehreren Rechtsmitteln gegen dieselbe Entscheidung (BGH 14.7.1952 – IV ZR 81/52, BGHZ 7, 152; OLG Celle JurBüro 1961, 137; Meyer, GKG, § 19 Rn 22).
[45] N. Schneider, Vergütung des Anwalts im Verfahren der sofortigen Beschwerde bei Aufhebung des Nichtabhilfebeschlusses und anschließender erneuter Vorlage an das Beschwerdegericht, AGS 2005, 187.
[46] LG Krefeld JurBüro 1979, 204.
[47] OLG Frankfurt JurBüro 1980, 857.
[48] Hansens, BRAGO, § 96 Rn 6.

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