Rz. 100

Probleme bereitet die Erstattung der Umsatzsteuer u.U. dann, wenn mehrere Streitgenossen erstattungsberechtigt sind.

 

Rz. 101

Keine Probleme ergeben sich, wenn die Streitgenossen:

jeweils von einem eigenen Anwalt vertreten worden sind. Dann kommt es für den Erstattungsanspruch eines jeden Streitgenossen darauf an, ob er selbst vorsteuerabzugsberechtigt ist. Soweit Vorsteuerabzugsberechtigung besteht, kommt eine Erstattung der Umsatzsteuer nicht in Betracht; soweit keine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht, ist die Umsatzsteuer zu erstatten.
zwar vom demselben Anwalt vertreten worden, sie aber alle vorsteuerabzugsberechtigt sind. In diesem Fall ist keine Umsatzsteuer zu erstatten.
zwar vom demselben Anwalt vertreten worden, sie aber alle nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind. In diesem Fall ist die gesamte Umsatzsteuer zu erstatten.
 

Rz. 102

Probleme ergeben sich dagegen, wenn mehrere Streitgenossen von demselben Anwalt vertreten worden sind und für einen Streitgenossen oder mehrere eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht, bei einem oder mehreren Streitgenossen dagegen nicht.

 

Rz. 103

Soweit einzelne Vergütungspositionen oder Erstattungsanteile ausschließlich einer Partei zuzuordnen sind, ergeben sich wiederum keine Probleme, da es insoweit ausschließlich auf die Vorsteuerabzugsberechtigung dieser Partei ankommt.

 

Beispiel: Der zum Vorsteuerabzug berechtigte Eigentümer des Fahrzeugs sowie der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Fahrer klagen in einem einheitlichen Verfahren auf Schadensersatz, der Eigentümer wegen seines Sachschadens (6.000 EUR), der Fahrer wegen seines Schmerzensgeldes (4.000 EUR). Die Klage des Eigentümers wird abgewiesen; der Klage des Fahrers wird stattgegeben; Die Kosten des Fahrers sowie 40 % der Gerichtskosten und der eigenen Kosten trägt der Beklagte. Der Eigentümer trägt seine eigenen Kosten selbst sowie 60 % der Gerichtskosten und der Kosten des Beklagten.

Zugunsten des Fahrers sind streitwertanteilig 40 % der insgesamt auf Klägerseite angefallenen Kosten festzusetzen. Da der Fahrer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ist insoweit auch die Umsatzsteuer zu erstatten.

 

Rz. 104

Soweit sich die Gebührenpositionen nicht einem der Streitgenossen ausschließlich zuordnen lassen, ist die Frage der Erstattungspflicht problematisch. Letztlich handelt es sich hier aber gar nicht um ein Problem der Umsatzsteuer, sondern um das generelle Problem, wie die Kosten zugunsten mehrerer Streitgenossen festzusetzen sind.

 

Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel; jedoch wird der Klage insgesamt stattgegeben; die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Rz. 105

Im Beispiel kann der Anwalt insgesamt folgende Vergütung berechnen:

 

Wert: 10.000,00 EUR

 
1.

1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100

(Wert: 10.000 EUR)
  798,20 EUR
2.

1,2-Teminsgebühr, VV 3104

(Wert: 10.000 EUR)
  736,80 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.555,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   295,45 EUR
Gesamt   1.850,45 EUR

Hiervon schuldet der klagende Eigentümer dem Anwalt gemäß § 7 Abs. 2:

Wert: 6.000 EUR

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   507,00 EUR
2. 1,2-Teminsgebühr, VV 3104   468,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 995,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   189,05 EUR
Gesamt   1.184,05 EUR

Der klagende Fahrer schuldet gemäß § 7 Abs. 2 folgende Vergütung:

Wert: 4.000 EUR

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   361,40 EUR
2. 1,2-Teminsgebühr, VV 3104   333,60 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 715,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   135,85 EUR
Gesamt   850,85 EUR

Nach einem Teil der Rechtsprechung kann jeder Streitgenosse (also insbesondere der mit der höheren Erstattungsquote) den auf ihn nach § 7 Abs. 2 entfallenden Anteil in voller Höhe festsetzen lassen und den Restbetrag zugunsten des oder der anderen Streitgenossen; in der Regel den oder die mit der geringeren Erstattungsquote (mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung siehe § 7 Rdn 100 ff.). Insgesamt darf allerdings nicht mehr festgesetzt werden, als alle Streitgenossen dem Anwalt als Gesamtvergütung schulden (hier also 1.850,45 EUR).

 
Sofern der Eigentümer den auf ihn entfallenden Betrag i.H.v. 1.184,05 EUR, also netto 995,00 EUR,

zur Festsetzung anmeldet, bleibt danach für den Fahrer nur noch der Restbetrag

 
i.H.v. 1.850,45 EUR – 1.184,05 EUR = 666,40 EUR.
   
Zu erstatten wären danach insgesamt 995 EUR + 666,40 EUR = 1.661,40 EUR.
   
Sofern dagegen der Fahrer den auf ihn entfallenden Anteil in voller Höhe von 850,85 EUR

zur Festsetzung anmeldet, verbleibt für den Eigentümer nur noch ein restlicher Erstattungsbetrag

 
i.H.v. brutto 1.850,45 EUR – 850,85 EUR = 999,60 EUR,
netto also 840,00 EUR.
   
Insgesamt ergäbe sich dann ein Erstattungsanspruch i.H.v. 1.690,85 EUR.
 

Rz. 106

Der BGH[62] hat zwischenzeitlich im Wege der Rechtsbeschwerde dieser Berechnungsweise eine Absage erteilt und entschieden, dass bei mehreren Streitgenossen grundsätzlich entsprechend der wertm...

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