Rz. 8

Die Geschäftsreise muss auch erforderlich gewesen sein. Dies ist nicht nur eine Frage der Kostenerstattung nach § 91 ZPO, sondern auch schon eine Frage der Erstattungsfähigkeit innerhalb des Anwaltsauftrags. Geschäftsreisen, die nicht erforderlich sind, braucht der Mandant nicht zu vergüten, es sei denn, er hat der Reise zugestimmt oder sie sogar gewünscht. Eines ausdrücklichen Auftrags bedarf es nicht. Die Erforderlichkeit kann sich auch aus den Umständen ergeben. So kann es z.B. in einer Verkehrsunfallsache erforderlich sein, dass sich der Anwalt die Unfallstelle ansieht. Erforderlich ist insbesondere die Teilnahme an Sachverständigenterminen.[1]

 

Rz. 9

Nicht erforderlich sein soll eine Geschäftsreise, wenn der Anwalt keine organisatorische Vorsorge trifft, dass ihn die Benachrichtigung einer am Nachmittag des Vortags verfügten Terminverlegung vor Antritt der Reise erreicht.[2] Dies ist bedenklich. Anders entschieden hat daher zu Recht das OLG München.[3] Danach sind die Reisekosten eines Anwalts nicht vermeidbar, wenn die Klägerin die Rücknahme ihrer Klage erst am späten Nachmittag des Tages vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung mitteilt.

 

Rz. 10

Kurzfristige Terminabsagen durch das Gericht kommen offenbar immer mehr in Mode. Während Verlegungsanträge der Anwaltschaft i.d.R. verfahrenswidrig mit der Begründung zurückgewiesen werden, die Geschäftslage der Kammer oder der Abteilung lasse eine Verlegung nicht zu,[4] werden an gerichtsbedingte Terminsverlegungen keine hohen Anforderungen gestellt. Ein Anwalt muss daher stets damit rechnen, dass kurzfristig ein Termin aufgehoben wird. Er muss Vorsorge treffen, dass ihn eine solche Absage noch rechtzeitig erreicht. Angesichts der heutigen Telekommunikationsmöglichkeiten wird dies kein großes Problem sein. Reist der Anwalt nicht von seiner Kanzlei aus an, sondern von zu Hause oder einem dritten Ort, so muss er gewährleisten, dass er erreichbar ist oder rechtzeitig durch sein Büro unterrichtet werden kann. Verstößt er gegen diese Obliegenheit, wird er seine Reisekosten nicht liquidieren können.

 

Rz. 11

Versäumt das Gericht, dem Anwalt rechtzeitig Mitteilung von der Aufhebung des Termins zu machen, so kommen insoweit Amtshaftungsansprüche des Mandanten in Betracht.

 

Rz. 12

Die Frage, ob die Geschäftsreise erforderlich war, darf nicht damit verwechselt werden, ob die Kosten notwendig waren. Die Frage der Erforderlichkeit ist nur eine Frage, in welcher Höhe der Mandant die Kosten zu übernehmen hat.

[1] AG Zeitz 5.12.2018 – 4 C 164/17, AGS 2019, 45 = NJW-Spezial 2019, 125.
[2] OLG Stuttgart AGS 2003, 246 m. Anm. N. Schneider.
[3] OLG München AGS 2004, 150 m. Anm. N. Schneider.
[4] Siehe hierzu OLG Köln MDR 2003, 170.

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