Rz. 68

Die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten richtet sich nach § 91 Abs. 2 ZPO. Diese Vorschrift gilt nicht nur im Zivilprozess, sondern auch in anderen Verfahren, in denen auf § 91 ZPO verwiesen wird, so in Strafverfahren[67] (siehe § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO) und in Bußgeldverfahren (siehe § 105 OWiG i.V.m. § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO).[68]

 

Rz. 69

Danach gelten folgende Grundsätze:

Nach § 91 Abs. 2 S. 1, 1. Hs. ZPO sind Reisekosten immer dann erstattungsfähig, wenn sie notwendig waren.
Nach § 91 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. ZPO sind die Kosten eines Anwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit erstattungsfähig, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.
Die frühere Einschränkung des § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO a.F., wonach der Partei die Mehrkosten nicht zu erstatten waren, die durch die Einschaltung eines Anwalts entstehen, der zwar am Prozessgericht zugelassen ist, dort aber nicht seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei unterhält, ist mit Wirkung zum 1.7.2004 ersatzlos aufgehoben worden. Diese Regelung war angesichts des Wegfalls der Postulationsfähigkeit nicht mehr zeitgemäß. Auf ältere Entscheidungen kann daher nicht mehr abgestellt werden. Die Reisekosten eines Anwalts aus dem Gerichtsbezirk sind daher immer erstattungsfähig (siehe Rdn 72 ff.).
Nach § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO (früher: § 91 Abs. 1 S. 4 ZPO) kann der Anwalt in eigener Sache seine Reisekosten erstattet verlangen, soweit diese entstanden wären, wenn er einen anderen Anwalt beauftragt hätte und diese dann auch notwendig gewesen wären.
 

Rz. 70

Notwendig sind die Reisekosten nicht nur dann, wenn es auch zum Termin kommt, sondern auch, wenn dieser ausfällt und der Anwalt davon keine Kenntnis hatte. Nach dem OLG München[69] sind Reisekosten nicht vermeidbar und damit erstattungsfähig, wenn die Klägerin die Rücknahme ihrer Klage erst am späten Nachmittag des Tages vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung mitteilt. Wenn ein Termin zur mündlichen Verhandlung auf den Vormittag anberaumt ist, ist es nicht missbräuchlich, von Düsseldorf nach München am Vortag anzureisen.

 

Rz. 71

Auslagen des Rechtsanwalts für Fahrten zu einem auswärtigen Verhandlungstermin sind auch dann erstattungsfähig, wenn der Rechtsanwalt wegen einer mehrstündigen Sperrung der Autobahn das Gericht erst nach dem Ende des Verhandlungstermins erreicht.[70]

[67] LG Heilbronn 21.10.2016 – 8 Qs 31/16, AGS 2017, 102 = RVGreport 2017, 174 = NJW-Spezial 2017, 60.
[68] AG Aschaffenburg 23.6.2017 – 333 OWi 125 Js 9560/16, AGS 2017, 493 = NJW-Spezial 2017, 700.
[69] AGS 2004, 150 m. Anm. N. Schneider = NJW-RR 2004, 714.
[70] OLG Celle AGS 2004, 496 = NJW 2004, 2910.

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