I. Disziplinarverfahren und berufsgerichtliche Verfahren wegen Verletzung einer Berufspflicht

 

Rz. 1

Zum Geltungsbereich der Vorschriften in VV Teil 6 Abschnitt 2, zur Abgrenzung von Disziplinarverfahren und berufsgerichtlichen Verfahren wegen Verletzung einer Berufspflicht zu diesen ähnlichen Verfahren und zur Anwendung der Vorschriften nach VV Teil 2 und 3 wird auf die grundlegenden Ausführungen zu VV Vorb. 6.2 verwiesen.

II. Verfahrensgebühr (VV 6203)

 

Rz. 2

Durch die Verfahrensgebühr wird nur noch die Tätigkeit des Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung oder einer mündlichen Verhandlung abgegolten. Dies ist der Grund für den gegenüber der BRAGO niedrigeren Gebührenrahmen.[1] Bei einem Antrag auf Fristsetzung zum Abschluss des Disziplinarverfahrens handelt es sich um ein Zwischenverfahren i.S.v. § 19 Abs. 1 S. 1, das keine Verfahrensgebühr nach VV 6203 auslöst.[2] Die Tätigkeit wird von der Verfahrensgebühr nach VV 6202 abgedeckt. Anm. Abs. 2 zu VV 6202 meint insoweit Verwaltungsverfahren, die in ein abschließendes gerichtliches Verfahren übergehen; das ist das Disziplinarverfahren, das zu einem Antrag (auf gerichtliche Entscheidung) – jetzt einer Klage gegen eine Disziplinarverfügung – oder einem förmlichen Verfahren bei dem Disziplinargericht (früher Anschuldigungsschrift), jetzt Disziplinarklage führen kann. Verfahren der vorliegenden Art haben auch nach der BRAGO keine gesonderte Gebühr ausgelöst. Das RVG hat insoweit keine Ausdehnung der Gebührentatbestände gebracht (vgl. §§ 91, 92 Abs. 2 BRAGO).

[1] BT-Drucks 15/1971, S. 224.
[2] VG Berlin AGS 2010, 426; VG Berlin 14.1.2013 – 80 Dn 22.08; a.A. OVG Berlin-Brandenburg 6.7.2012 – OVG 1 K 85.10.

III. Terminsgebühren (VV 6204, 6205, 6206)

1. Terminsgebühr (VV 6204)

 

Rz. 3

VV 6204 legt die Terminsgebühr für die von VV 6203 erfassten Verfahren fest. Der Rechtsanwalt erhält die Terminsgebühr je Verhandlungstag, und zwar grundsätzlich jeweils aus dem gleichen Gebührenrahmen. Die Terminsgebühr ist also unabhängig davon, ob es sich um den ersten Hauptverhandlungstag handelt oder um einen Fortsetzungstermin. Die Neuaufteilung der Gebührentatbestände führt zu einer größeren Transparenz der Gebührenberechnung und erleichtert die Bestimmung der konkreten Gebühr für die einzelnen Tätigkeiten.[3]

[3] BT-Drucks 15/1971, S. 224.

2. Zusatzgebühr für mehr als fünf und bis acht Stunden Hauptverhandlung (VV 6205)

 

Rz. 4

Nach VV 6205 erhält der gerichtlich bestellte Rechtsanwalt zusätzlich zur Terminsgebühr nach VV 6204 eine Zusatzgebühr, wenn er mehr als fünf und bis acht Stunden an der Hauptverhandlung oder einer mündlichen Verhandlung teilnimmt. Der Zuschlag beträgt in diesem Fall 50 % der Terminsgebühr nach VV 6204. VV 6205 ist auf den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt beschränkt. Es besteht kein Anlass, sie auf den Wahlanwalt auszudehnen, weil diesem eine Rahmengebühr zusteht. Innerhalb des vorgegebenen Rahmens kann er die jeweils angemessene Terminsgebühr bestimmen, wobei die Dauer des jeweiligen gerichtlichen Termins eine nicht unerhebliche Rolle spielen wird. Zusätzlich hat der Wahlanwalt die Möglichkeit, für längere Hauptverhandlungen eine Honorarvereinbarung mit seinem Mandanten zu treffen. Der gerichtlich bestellte Rechtsanwalt erhält hingegen für die Teilnahme an der Hauptverhandlung nach VV 6204 eine feste Terminsgebühr, auf deren Höhe die Umstände des Einzelfalls keinen Einfluss haben. Deshalb soll ihm in Zukunft bei langen Hauptverhandlungen ein fester Zuschlag gewährt werden. Dadurch wird auch bei ihm der besondere Zeitaufwand für seine anwaltliche Tätigkeit angemessen honoriert. Die zeitliche Grenze von mehr als fünf bis zu acht Stunden entspricht der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte im Rahmen der Gewährung von Pauschgebühren. Schon bei Hauptverhandlungen von dieser Dauer wird in der Regel von einem besonders umfangreichen Verfahren ausgegangen.[4]

[4] BT-Drucks 15/1971, S. 224.

3. Zusatzgebühr für mehr als acht Stunden Hauptverhandlung (VV 6206)

 

Rz. 5

Nach VV 6206 erhält der gerichtlich bestellte Rechtsanwalt zusätzlich zur Terminsgebühr nach VV 6204 eine Zusatzgebühr in Höhe einer Terminsgebühr nach VV 6204, wenn er mehr als acht Stunden an der Hauptverhandlung teilnimmt. Diese Regelung bezweckt ebenso wie die Regelung nach VV 6205 die angemessene Honorierung des Zeitaufwands des gerichtlich bestellten Rechtsanwalts bei besonders langen Hauptverhandlungsterminen oder mündlichen Verhandlungen. Die zeitliche Grenze von mehr als acht Stunden entspricht ebenfalls der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte im Rahmen der Gewährung von Pauschgebühren nach § 99 BRAGO. Bei Hauptverhandlungen von dieser Dauer wurde in der Regel von den Oberlandesgerichten ein weiterer bzw. höherer Zuschlag zur normalen Hauptverhandlungsgebühr des § 83 Abs. 1 BRAGO gewährt.[5]

[5] BT-Drucks 15/1971, S. 225.

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