Rz. 99

Im Rechtsbeschwerdeverfahren kann der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid nicht mehr zurückgenommen werden, sondern nur noch die Rechtsbeschwerde selbst. Geschieht dies unter Mitwirkung des Verteidigers, so erhält er eine Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 4. Dies ist jetzt ausdrücklich geklärt. Nach der BRAGO war diese Frage strittig, da § 86 Abs. 3 BRAGO keine Verweisung auf § 84 Abs. 2 BRAGO enthielt. Auch hier ist wiederum die Zwei-Wochen-Frist zu beachten.

 

Rz. 100

Erforderlich ist nicht die Rücknahme der vom Betroffenen eingelegten Rechtsbeschwerde. Es genügt, wenn der Verteidiger die Rücknahme der von der Staatsanwaltschaft eingelegten Rechtsbeschwerde anregt, hierzu Ausführungen macht und die Staatsanwaltschaft dann ihre Rechtsbeschwerde zurücknimmt.[80]

 

Rz. 101

Nicht erforderlich ist, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass eine Hauptverhandlung auch durchgeführt worden wäre.[81] Weder der Wortlaut noch die Begründung geben eine solche Einschränkung her. Im Gegenteil folgt aus der Systematik der einzelnen Fälle der VV 5115, dass es nicht darauf ankommt, ob ein Termin anberaumt ist oder nicht. Darauf abzustellen, ob ein Termin durchgeführt worden wäre, wäre im Übrigen reine Spekulation. In Anbetracht dessen, dass eine Hauptverhandlung in der Rechtsbeschwerde die Ausnahme ist (§ 79 Abs. 5 OWiG), kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Anm. Abs. 1 Nr. 4 nur dann für anwendbar wissen wollte, wenn es anderenfalls zu einer Hauptverhandlung gekommen wäre. Abgesehen davon wäre dies sinnwidrig, da der Verteidiger keinen Anreiz zur Rücknahme der Rechtsbeschwerde hätte, solange kein Termin anberaumt worden ist. Damit wäre dem Gericht aber bereits erhebliche Arbeit verursacht worden, deren Vermeidung VV 5115 durch eine Zusätzliche Gebühr belohnen wollte.

Eine Zusätzliche Gebühr für den Verteidiger des Betroffenen im Falle der Rücknahme einer Rechtsbeschwerde durch die Staatsanwaltschaft kommt nur dann in Betracht, wenn das Rechtsbeschwerdeverfahren so weit fortgeschritten ist, dass beurteilt werden kann, ob eine Hauptverhandlung durchgeführt werden wird. Liegen nach dem Stand des Rechtsbeschwerdeverfahrens im Zeitpunkt der Rücknahme der Rechtsbeschwerde keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im Fall der Fortführung eine Hauptverhandlung durchgeführt worden wäre, ist die Zusätzliche Gebühr nicht entstanden.

[80] LG Stralsund 28.4.2005 – 22 Qs 118/05 OWi.
[81] Burhoff/Volpert, VV 5115 Rn 36; so aber LG Saarbrücken AGS 2015, 171 = RVGreport 2015, 221 = NJW-Spezial 2015, 285; AG Charlottenburg 17.1.2020 – 220 C 85/19, RVGreport 2020, 257.

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