Rz. 4

Voraussetzung für eine Gebühr nach VV 4108 ff. ist,

dass eine Hauptverhandlung stattgefunden und der Verteidiger hieran teilgenommen hat oder

dass gemäß VV Vorb. 4 Abs. 3

eine Hauptverhandlung zwar ursprünglich anberaumt war,
diese dann aber aus Gründen, die der Verteidiger nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet,
der Verteidiger zu diesem Termin auch erscheint und
er keine Kenntnis von der Terminsaufhebung hatte oder hätte haben müssen.
 

Rz. 5

Nach der Legaldefinition in § 243 Abs. 1 StPO beginnt die Hauptverhandlung mit dem Aufruf der Sache. Der Gebührentatbestand der VV 4108 ff. wird also bereits dann ausgelöst, wenn die Sache aufgerufen wird und der Verteidiger hiernach irgendeine Tätigkeit entfaltet. Auf den Umfang der Tätigkeit kommt es für den Gebührenanfall nicht an. Dies kann allenfalls für die Höhe der Gebühr von Bedeutung sein.

 

Rz. 6

Für eine Gebühren auslösende Tätigkeit reicht bereits die bloße Anwesenheit des Verteidigers aus.

 

Beispiel: Nach Aufruf der Sache wird festgestellt, dass der Angeklagte nicht erschienen ist. Die Hauptverhandlung wird daraufhin ausgesetzt oder es ergeht gemäß §§ 408a, 407 StPO ein Strafbefehl.

Mit Aufruf der Sache hat die Hauptverhandlung begonnen. Der Verteidiger hat hieran teilgenommen. Er erhält daher eine volle Gebühr nach VV 4108. Der geringe Aufwand in der Hauptverhandlung ist lediglich im Rahmen des § 14 Abs. 1 zu berücksichtigen.

 

Rz. 7

Die Hauptverhandlungsgebühr fällt auch dann an, wenn nach Aufruf der Sache der Einspruch gegen einen Strafbefehl zurückgenommen wird. Es ist dabei noch nicht einmal erforderlich, dass der Verteidiger den Einspruch zurücknimmt. Auch die Rücknahme durch den Angeklagten selbst in Anwesenheit seines Verteidigers löst nach Aufruf der Sache die Gebühr nach VV 4108 aus.[1]

 

Rz. 8

Auch bei einer Entbindung des Pflichtverteidigers nach Aufruf der Sache ist für diesen bereits die Gebühr nach VV 4108 ausgelöst.

 

Rz. 9

Es ist auch nicht erforderlich, dass der Verteidiger bis zum Schluss der Hauptverhandlung anwesend bleibt.

 

Rz. 10

Nimmt der Verteidiger dagegen an der Hauptverhandlung nicht teil, so kann eine Gebühr nach VV 4108 selbst dann nicht entstehen, wenn der Anwalt im Hinblick auf die Hauptverhandlung eine umfangreiche Tätigkeit entfaltet, etwa indem er den Angeklagten berät.

 

Beispiel: Der Verteidiger erscheint nicht rechtzeitig zur Hauptverhandlung, da er in einem anderen Sitzungssaal festgehalten wird. Die Hauptverhandlung wird ohne den Anwalt durchgeführt. Dieser berät in einer Sitzungspause den Angeklagten jedoch, wie er sich zu verhalten hat.

Mangels Teilnahme an der Hauptverhandlung wird die Gebühr der VV 4108 nicht ausgelöst. Der Anwalt hat lediglich die Verfahrensgebühr nach VV 4106 verdient. Hier wird man allerdings von einer Gebühr oberhalb der Mittelgebühr ausgehen müssen, da die begleitende Tätigkeit in der Hauptverhandlung Gebühren erhöhend zu berücksichtigen sein wird.

 

Rz. 11

Termine vor dem beauftragten oder ersuchten Richter zur Vernehmung von Zeugen oder zur Anhörung von Sachverständigen zählen nicht zur Hauptverhandlung, und zwar unabhängig davon, ob die Termine vor Beginn der Hauptverhandlung oder während der Hauptverhandlung durchgeführt werden. Die Teilnahme an diesen Terminen löst jetzt die Gebühr nach VV 4102 aus, die neben den Gebühren nach VV 4108 stehen kann.

 

Beispiel: Der in Köln wohnende Angeklagte beauftragt einen Kölner Anwalt mit seiner Verteidigung. Die Hauptverhandlung findet vor dem AG München statt. Hieran nimmt der Verteidiger nicht teil. Er nimmt jedoch an einem Termin zur Vernehmung eines Zeugen vor dem AG Köln teil.

Der Kölner Anwalt erhält neben der Grundgebühr nach VV 4100 und der Verfahrensgebühr nach VV 4106 keine Terminsgebühr nach VV 4108, sondern lediglich die allgemeine Terminsgebühr nach VV 4102 Nr. 1.

Beauftragt der Angeklagte allerdings in München einen weiteren Verteidiger, der ihn in der Hauptverhandlung vertreten soll, so würde für diesen Anwalt die Terminsgebühr nach VV 4108 anfallen (wiederum neben einer Grundgebühr nach VV 4100 und einer Verfahrensgebühr nach VV 4106).

Wird der Münchener Anwalt nicht mit der Verteidigung beauftragt, sondern nur mit der Terminswahrnehmung, erhält er keine Gebühren nach VV 4100 ff., sondern die Vergütung nach VV 4301 Nr. 4.

 

Rz. 12

Der Gebührentatbestand der VV 4108 gilt für jeden Hauptverhandlungstermin, unabhängig davon, ob es sich für den Verteidiger um den ersten Hauptverhandlungstermin handelt, um einen Fortsetzungstermin oder einen erneuten ersten Termin nach Aussetzung.

 

Rz. 13

Überträgt der Verteidiger die Vertretung in der Hauptverhandlung einem anderen Anwalt, der nicht Verteidiger wird, so erhält keiner der beiden Anwälte eine Terminsgebühr nach VV 4108. Die Tätigkeit des Verteidigers richtet sich in diesem Falle nach VV 4100, 4106; der an der Hauptverhandlung teilnehmende Anwalt wiederum erhält lediglich eine Vergütung nach VV 4301 Nr. 4.

 

Rz. 14

Nur dann, wenn der an der Hauptverhandlung teilnehmende Anwalt ebenfalls als Verteidiger –...

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