1. Überblick

 

Rz. 55

Die Gebühr nach VV 3403 kann mehrmals entstehen. Das gilt nicht nur dann, wenn der Anwalt einerseits einen Schriftsatz anfertigen, einreichen oder unterzeichnen und andererseits einen Termin wahrnehmen soll, sondern auch dann, wenn er mehrere Schriftsätze fertigen, einreichen oder unterzeichnen oder mehrere Termine wahrnehmen soll.

 

Rz. 56

Nach Auffassung des OLG München[68] soll dagegen bei mehreren Schreiben nur eine Angelegenheit vorliegen und daher nur eine Gebühr anfallen, unabhängig davon, ob der Anwalt von vornherein den Auftrag zu mehreren Schriftsätzen oder zur Wahrnehmung mehrerer Termine hatte (§ 15 Abs. 1) oder ob ihm mehrere Aufträge erteilt worden sind (§ 15 Abs. 6). Dagegen sollten die Gebühren für Termine und Schriftsätze nebeneinander stehen können.

[68] NJW 1971, 149; ebenso Hansens, BRAGO, § 56 Rn 9; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3403 Rn 57 f.

2. Mehrere Schreiben

 

Rz. 57

Die Gebühr nach VV 3403 kann für mehrere Einreichungen, Anfertigungen oder Unterzeichnungen von Schriftsätzen auch mehrmals entstehen. Erhält der Anwalt mehrere Aufträge zu einzelnen Schreiben, so handelt es sich um mehrere Angelegenheiten i.S.d. § 15. Die Vergütung nach VV 3403 entsteht also mehrfach. Zu beachten ist allerdings § 15 Abs. 6. Der Anwalt kann keine höhere Verfahrensgebühr erhalten, als er sie als Verfahrensbevollmächtigter bei einem Gesamtauftrag erhalten würde.

 

Beispiel: Der Anwalt wird zunächst beauftragt, im Verfahren auf Bestimmung des zuständigen Gerichts tätig zu werden. Später erhält er den Auftrag, den Richter wegen Befangenheit abzulehnen.

Es liegen zwei Aufträge vor. Der Anwalt erhält zweimal die Gebühr nach VV 3403, also zwei Gebühren zu 0,8. Gemäß § 15 Abs. 6 darf er jedoch nicht mehr abrechnen als ein Prozessbevollmächtigter, dem die Gesamtvertretung oblegen hätte. Dieser hätte lediglich eine 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100 erhalten. Folglich kann der mit Einzeltätigkeiten beauftragte Anwalt auch insgesamt keine höhere Gebühr verlangen.

Hinsichtlich der Auslagen gilt die Begrenzung nach § 15 Abs. 6 allerdings nicht. Diese Vorschrift spricht nur von Gebühren, nicht von Auslagen. Da zwei getrennte Aufträge zu Einzeltätigkeiten vorlagen, ist die Postentgeltpauschale doppelt angefallen. Abzurechnen ist wie folgt:

I. Verfahren auf Bestimmung des zuständigen Gerichts (Wert: 5.000 EUR)

 
1. 0,8-Gebühr, VV 3403   267,20 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 287,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   54,57 EUR
Gesamt   341,77 EUR

II. Befangenheitsablehnung (Wert: 5.000 EUR)

 
1. 0,8-Gebühr, VV 3403, gem. § 15 Abs. 6 jedoch nicht mehr als 267,20 EUR  
  1,3-Gebühr, VV 3100 434,20 EUR  
  abzüglich bereits erhaltener – 267,20 EUR  
      167,00 EUR
2. Postentgeltpauschale (aus 240,80 EUR), VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 187,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   35,53 UR
Gesamt   222,53 EUR

3. Mehrere Termine

 

Rz. 58

Das Gleiche gilt, wenn der Anwalt an mehreren Terminen teilnehmen soll. Auch dann entstehen die Gebühren nach VV 3403 gesondert, insgesamt ist aber wieder § 15 Abs. 6 zu beachten.

4. Terminswahrnehmung und Schriftsatztätigkeit

 

Rz. 59

Ist der Anwalt im selben Verfahren sowohl damit beauftragt Termine wahrzunehmen als auch Schriftsätze anzufertigen, einzureichen oder zu unterzeichnen, so handelt es sich jeweils um Einzeltätigkeiten, die gesondert abzurechnen sind. Der Anwalt erhält also die Gebühr nach VV 3404 mehrmals.

 

Rz. 60

Zu berücksichtigen ist allerdings auch hier die Höchstgrenze nach § 15 Abs. 6. Der Anwalt kann insgesamt keine höhere Verfahrensgebühr erhalten, als ihm als Verfahrensbevollmächtigter bei Gesamtauftrag zugestanden hätte. Die Begrenzung betrifft nur die Verfahrensgebühr. Eine Terminsgebühr erhält der Anwalt nach VV 3404 nicht, auch wenn er Termine wahrnimmt, da er diese Gebühr nur dann erhält, wenn er Termine wahrnimmt, die nicht in den Anwendungsbereich der VV Vorb. 3 Abs. 3 fallen, also auch für den Prozessbevollmächtigten keine Terminsgebühr auslösen würden.

5. Mehrere Aufträge nach VV 3400, 3401 und 3403

 

Rz. 61

Erhält der Anwalt mehrere selbstständige Aufträge zu verschiedenen Einzeltätigkeiten nach den VV 3400, 3401 und 3403, so ist wiederum § 15 Abs. 6 zu beachten. Der Anwalt erhält zwar die Vergütung mehrmals, insgesamt jedoch nicht mehr als diejenige Vergütung, die er erhalten hätte, wenn er von vornherein mit sämtlichen Tätigkeiten beauftragt worden wäre (§ 15 Abs. 6).

 

Beispiel: In einem Rechtsstreit (Wert: 8.000 EUR) wird der Anwalt A zunächst nur im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren beauftragt. Für den Rechtsstreit beauftragt die Partei einen anderen Anwalt B. Später wird der Anwalt A mit der Wahrnehmung eines auswärtigen Beweistermins beauftragt.

Insgesamt erhält der Anwalt nach § 15 Abs. 6 jetzt eine volle 1,3-Verfahrensgebühr und eine volle 1,2-Terminsgebühr, also die Vergütung, die auch ein Prozessbevollmächtigter erhalten hätte. Abzurechnen ist wie folgt:

II. Gerichtsstandsbestimmungsverfahren (Wert: 8.000 EUR)

 
1. 0,8-Verfahrensgebühr, VV 3404   401,60 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 421,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 700...

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