Rz. 16

Schwierigkeiten bereitet die Frage der Entstehung der vollen 1,3-Verfahrensgebühr für den Rechtsanwalt des Antragsgegners, sofern dieser den Widerspruch gegen den Mahnbescheid mit dem Verlangen auf Klageabweisung verbindet.

 

Rz. 17

Die Beantwortung der Frage, ob der Rechtsanwalt des Widerspruchsführers, der mit Einlegung des Widerspruchs gleichzeitig einen Klageabweisungsantrag stellt, die 1,3-Verfahrensgebühr verdient oder nur die geringere Gebühr für die Vertretung des Antragsgegners, war schon im Rahmen der Vorgängerregelung des § 43 BRAGO umstritten. Eine Auffassung ließ eine volle (Prozess-)Gebühr jedenfalls dann dem Rechtsanwalt erwachsen, wenn er von seiner Partei ausdrücklich dazu beauftragt wurde, mit dem Widerspruch gegen den Mahnbescheid einen Klageabweisungsantrag zu stellen.[19] Daneben hat sich eine Auffassung entwickelt, die das im Mahnverfahren erteilte Prozessmandat als aufschiebend bedingt ansieht und die volle Prozessgebühr erst entstehen ließ, wenn der Termin anberaumt oder die Anspruchsbegründung zugestellt wird.[20] Weiterhin wurde die Meinung vertreten, dass die volle Prozessgebühr nur dann ausgelöst wird, wenn nach Stellung des Klageabweisungsantrages das Mahnverfahren durch Abgabe der Sache an das Prozessgericht in das ordentliche Verfahren übergeleitet wird.[21] Dazu wird vom OLG Köln[22] ausgeführt:

 

Rz. 18

Zitat

"Richtig ist zwar, dass der Klageabweisungsantrag des Beklagten – abweichend von der verfahrensrechtlichen Regelung – in gebührenrechtlicher Hinsicht regelmäßig als ein eine volle Prozessgebühr auslösender Sachantrag zu behandeln ist. Das gilt indes nur dann, wenn die Sache im Zeitpunkt der Antragstellung bereits im ordentlichen Streitverfahren rechtshängig war. Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein Bedürfnis, den Klageabweisungsantrag gebührenrechtlich einem Sachantrag gleichzustellen, grundsätzlich nur insoweit anerkannt werden kann, als ein solcher Antrag einem durch Zustellung rechtshängig gewordenen Klageantrag gegenüber erklärt wird. Die schriftsätzliche Erklärung des Rechtsanwalts des Beklagten, er beantrage, die Klage abzuweisen, ist, prozessual gesehen, nichts anderes als die Ankündigung, diesen Antrag in der demnächst stattfindenden mündlichen Verhandlung stellen zu wollen. Sie hat einen konkreten Bezug auf das Verfahren nur dann, wenn erwartet werden kann, dass es zu einer mündlichen Verhandlung mit Stellung der Anträge kommen werde. Das aber ist erst dann der Fall, wenn der zu bekämpfende Klageantrag bereits rechtshängig ist."

 

Rz. 19

Allein die Abgabe der Sache an das Prozessgericht sollte nach dieser Auffassung die Prozessgebühr im Übrigen dann nicht entstehen lassen, wenn der Kläger die Klage nach Abgabe an das Streitgericht zurücknimmt, ohne seinen Anspruch zu begründen. In diesem Fall sollte für den Rechtsanwalt des Antragsgegners nur eine 3/10-Gebühr nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO erstattungsfähig gewesen sein.[23]

 

Rz. 20

In der neueren Rechtsprechung wurde schließlich auch die Auffassung vertreten, dass mit der Widerspruchseinlegung für den Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners die volle Prozessgebühr entsteht, wenn er den Auftrag hatte, nicht nur Widerspruch einzulegen, sondern Klageabweisung zu beantragen.[24] Bei einer Rücknahme des Mahnbescheids, d.h. des Mahnantrages, sollte aber nur eine 5/10-Prozessgebühr nach § 32 Abs. 1 BRAGO erstattungsfähig gewesen sein, ferner eine volle Prozessgebühr aus den bis zur Rücknahme des Mahnantrages angefallenen Kosten für die Erwirkung des Kostenbeschlusses nach § 269 Abs. 4 ZPO;[25] § 13 Abs. 3 BRAGO – jetzt § 15 Abs. 3 RVG – wäre dann dabei zu berücksichtigen gewesen.

 

Rz. 21

Den beiden letzten Meinungen ist – allerdings nicht ohne Einschränkungen – auch für die jetzige Rechtslage zu folgen. Die volle 1,3-Verfahrensgebühr gemäß VV 3100 entsteht daher nicht erst, wenn eine Überleitung in das streitige Verfahren erfolgt ist. Die durch eine Verbindung des Klageabweisungsantrags mit dem Widerspruch gegen einen Mahnbescheid entstandenen Mehrkosten sind zwar in der Regel nicht zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, solange das Mahnverfahren nicht durch Abgabe der Sache an das Prozessgericht in das ordentliche Verfahren übergeleitet ist.[26] Dieser Aspekt betrifft aber nur die Frage der Erstattungspflicht bzw. der Festsetzungsfähigkeit, nicht aber die Frage, ob die Gebühr entstanden ist. Es ist zu differenzieren zwischen der Frage,

ob die Verfahrensgebühr entstanden ist, und derjenigen,
ob die Verfahrensgebühr gegen den Gegner festsetzungsfähig ist.

Ist der Prozessbevollmächtigte von seinem Mandanten ausdrücklich beauftragt worden, den Klageabweisungsantrag zu stellen, und hat dieser den Mandanten über die gebührenrechtlichen Folgen unterrichtet, so spricht daher nichts dagegen, dem Prozessbevollmächtigten die volle 1,3-Verfahrensgebühr für die Stellung des Klageabweisungsantrags zuzubilligen.

 

Rz. 22

Erstattungsrechtlich verbleibt es aber bei folgendem Grundsatz: ...

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