Rz. 5

Die Verfahrensgebühr nach VV 3200 entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Entgegennahme der Information (VV Vorb. 3 Abs. 2).

 

Rz. 6

Abgegolten durch die Verfahrensgebühr werden sämtliche Tätigkeiten, die nicht den Tatbestand der Termins- oder Einigungsgebühr erfüllen, also insbesondere

das Einreichen der Berufung (bzw. im selbstständigen Beweisverfahren das Einreichen des Beweisantrags),
das Einreichen des Antrags auf Zulassung der Berufung, wenn das Berufungsgericht darüber entscheidet,
das Abfassen und Einreichen der Berufungsbegründung,
die Bestellung für den Berufungsbeklagten,
die Abfassung und Einreichung der Berufungserwiderung,
weitere Stellungnahmen,
die Beratung des Mandanten,
Streitverkündungsschriften,
Anträge auf vorläufige Vollstreckbarerklärung, sofern diese nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 zur Instanz gehören,
Anträge auf Einstellung der Vollstreckung, sofern das Verfahren nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 zur Instanz gehört, also soweit keine abgesonderte mündliche Verhandlung stattfindet,
Mitwirkung bei der Erbringung einer Sicherheitsleistung und das Verfahren wegen deren Rückgabe (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7),
Einigungsverhandlungen mit der Gegenseite, die allerdings auch eine zusätzliche Gebühr nach VV 3202 auslösen können,
Entgegennahme der Entscheidung und einer eventuellen Nichtzulassungsbeschwerdeschrift oder Revisionsschrift,
Wiedereinsetzungsanträge,
Zwischenverfahren, wie z.B. die Ablehnung eines Richters (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3),
das Verfahren über die Prozesskostenhilfe (§ 16 Nr. 2),
die Übersendung der Handakten an den Revisionsanwalt (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 17), sofern dies nicht mit gutachterlichen Äußerungen zu verbinden ist.

Wegen der Einzelheiten kann insoweit auf die Erläuterungen zum erstinstanzlichen Verfahren (VV 3100) Bezug genommen werden. Es gelten hier grundsätzlich keine Besonderheiten.

 

Rz. 7

Gebührenrechtlich beginnt das Berufungsverfahren für den Anwalt des Berufungsklägers

mit dem Auftrag zur Einlegung der Berufung

oder

mit dem Auftrag, die Zulassung der Berufung zu beantragen, wenn das Berufungsgericht hierüber selbst entscheidet, wie im Falle des § 124a Abs. 4 VwGO
mit dem Auftrag zur Einreichung eines Beweisantrags im selbstständigen Beweisverfahren.
 

Rz. 8

Ob es tatsächlich zur Einlegung der Berufung oder des Zulassungsantrags oder des Beweisantrags kommt, ist unerheblich, dies hat nur Bedeutung für die Höhe der Gebühr (VV 3201 Nr. 1). Entscheidend ist allein der Auftrag.

 

Rz. 9

Für den Anwalt des Berufungsbeklagten beginnt gebührenrechtlich das Berufungsverfahren mit dem unbedingten Auftrag, der gegnerischen Berufung, dem Zulassungsantrag oder einem sonstigen Antrag entgegenzutreten.

 

Rz. 10

Für den Anwalt eines Streithelfers gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auch für ihn beginnt das Berufungsverfahren mit dem unbedingten Auftrag, im Hinblick auf die eingelegte Berufung tätig zu werden.

 

Rz. 11

Die bloße Entgegennahme der Berufungsschrift reicht in aller Regel noch nicht aus, weil zu diesem Zeitpunkt mangels Kenntnis des Auftraggebers von dem Rechtsmittel noch gar kein Auftrag vorliegen kann. Erst wenn der Auftraggeber über das Rechtsmittel informiert worden ist und er dann den Auftrag erteilt, sich gegen dieses Rechtsmittel auch zu verteidigen, entstehen für den Anwalt des Berufungsbeklagten die Gebühren nach VV 3200 ff. Die bloße Entgegennahme der Rechtsmittelschrift gehört noch zum erstinstanzlichen Verfahren (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9).[1]

 

Rz. 12

Ausnahmsweise entsteht bereits mit Entgegennahme der Berufungsschrift oder mit Kenntnis von der Berufungseinlegung auch für den Anwalt des Berufungsbeklagten gebührenrechtlich das Berufungsverfahren, nämlich dann, wenn ein bedingter Auftrag vorlag und diesbezüglich Tätigkeiten entfaltet werden.

 

Beispiel: In Erwartung der gegnerischen Berufung beauftragt der Anwalt des obsiegenden Klägers seinen Anwalt, sich gegen die angekündigte und zu erwartende Berufung des Beklagten zur Wehr zu setzen.

Hier liegt zunächst ein bedingter Auftrag vor, nämlich ein Berufungsauftrag für den Fall, dass die Berufung der Gegenseite tatsächlich eingelegt wird.

Mit Einlegung der Berufung bzw. der Kenntnis hiervon tritt dann die Bedingung ein, sodass der Auftrag wirksam wird.

[1] BGH 25.10.2012 – 62/10, AGS 2013, 7 = NJW 2013, 312.

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