Rz. 71

Voraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr nach Abs. 1 Nr. 2 ist eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO oder § 105 Abs. 1 S. 1 SGG. Der Gerichtsbescheid wirkt nach § 84 Abs. 3 VwGO bzw. § 105 Abs. 3 SGG dann als Urteil, wenn nicht rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt wird. In diesem Fall erhält der Rechtsanwalt die volle Terminsgebühr nach Abs. 1 Nr. 2. Wird mündliche Verhandlung beantragt, so entscheidet das Gericht aufgrund mündlicher Verhandlung. In diesem Fall entsteht die Terminsgebühr nach Vorb. 3 Abs. 3 i.V.m. VV 3104. Eine Terminsgebühr nach Abs. 1 Nr. 2 entsteht nicht, wenn ein Beschluss nach § 161 VwGO, § 193 Abs. 1 S. 3 SGG ergangen ist, nachdem die Beteiligten im Anschluss an einen (Teil-)Abhilfebescheid die Hauptsache für erledigt erklärt haben. Bei Mitwirkung des Anwalts an der Erledigung i.S.d. VV 1002 kommt dann aber ggf. eine Terminsgebühr nach Abs. 1 Nr. 1 in Betracht.

 

Rz. 72

Umstritten ist, ob die Terminsgebühr auch dann anfällt, wenn zwar zunächst ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO entschieden wird, nach Erlass des Gerichtsbescheids jedoch Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gestellt wird und sich dann das Verfahren ohne eine solche erledigt. Teilweise wird vertreten, dass eine Terminsgebühr in einem solchen Fall nicht entsteht, sondern nur dann, wenn der Gerichtsbescheid das erstinstanzliche Verfahren beendet.[77] Dies wird insbesondere damit begründet, dass der Gerichtsbescheid gemäß § 84 Abs. 3 VwGO als nicht ergangen gilt, wenn rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt wird. Es fehle dann an einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Das Verfahrensrecht setze sich im Kostenrecht fort. Nach zutreffender Auffassung kann jedoch auch hier eine Terminsgebühr abgerechnet werden. Die Regelung des Abs. 1 Nr. 2 setzt nicht voraus, dass der Gerichtsbescheid auch rechtskräftig wird, es reicht aus, dass im Verfahren zunächst durch Gerichtsbescheid entschieden wurde. Es gilt der Grundsatz, dass einmal entstandene Gebühren nicht wieder entfallen. Die andere Auffassung hätte zur Folge, dass die Beteiligten des Verfahrens ohne jegliches Kostenrisiko zunächst eine streitige Entscheidung des Gerichts abwarten könnten, um dann im Fall des (teilweisen) Unterliegens durch einen Antrag auf mündliche Verhandlung sowie entsprechende Verfahrenserledigung vor einer solchen die Terminsgebühr zu ersparen. Aus kostenrechtlicher Sicht würde es daher für den unterlegenen Beteiligten Sinn machen, nach Erlass des Gerichtsbescheides immer Antrag auf mündliche Verhandlung zu stellen und das Verfahren dann anderweitig zu erledigen. Dieselbe Problematik stellt sich auch im finanzgerichtlichen Verfahren (vgl. VV 3202 Rdn 34).

[77] OVG NRW 9.5.2017 – 12 E 790/16 sowie 12.12.2011 – 18 E 848/11, AGS 2014, 123 = NVwZ-RR 2012, 375.

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