Rz. 50

Nach Nr. 1 tritt eine Reduzierung der Verfahrensgebühr auf 0,8 auch dann ein, wenn der Auftrag endigt, bevor ein Schriftsatz, der Sachvortrag enthält, eingereicht worden ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Gebührenreduzierung dann nicht stattfindet, wenn ein Schriftsatz mit Sachvortrag beim Gericht eingereicht worden ist. Der Gesetzgeber war der Ansicht, dass die damit zwangsläufig bewirkte Erweiterung des Entstehens der vollen Verfahrensgebühr auch in den Streitverfahren sachgerecht sei. Denn es sei kein Grund ersichtlich, warum z.B. der Beklagtenvertreter, der auf die Klage erwidert, ohne ausdrücklich einen Klageabweisungsantrag zu stellen, gebührenrechtlich schlechter behandelt werden solle.[60]

 

Rz. 51

Das Gesetz definiert nicht, was unter "Sachvortrag" zu verstehen ist, auch aus der Begründung zum Gesetzentwurf ergibt sich hierzu nichts. Es wäre sicherlich zu eng, wenn man Ausführungen verlangen würde, die sich mindestens auch mit tatsächlichen – also nicht nur rechtlichen – Fragen der zu klärenden Angelegenheit befassen müssen. Der Begriff "Sach"-Vortrag ist vielmehr weit und daher dahingehend auszulegen, dass irgendeine Ausführung zu der Sache selbst ausreicht, um einen Schriftsatz als Sachvortrag i.S.v. Nr. 1 anzusehen. Dazu gehören beispielsweise der Vortrag von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, Erhebung von Einreden, die Aufrechnungserklärung und Beweisantritte. Der Beklagtenvertreter erhält somit auch dann eine volle 1,3-Verfahrensgebühr, wenn er einen Schriftsatz eingereicht hat, der z.B. nur die Klageerwiderung ohne Klageabweisungsantrag enthielt.[61]

 

Rz. 52

Auch reine Rechtsausführungen reichen aus, solange diese sich mit der Sache selbst beschäftigen. Ein solcher Bezug zur Sache ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn Rechtsausführungen zur Zulässigkeit der Klage gemacht werden. Daneben stellen auch Ausführungen zur Frage der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts einen Sachvortrag i.S.v. Nr. 1 dar. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich aus dem Umstand, dass die Klage unter Umständen schon wegen der fehlenden Zuständigkeit des angerufenen Gerichts abgewiesen werden kann. Bei dieser Sachlage wäre es aber widersprüchlich, dem Prozessbevollmächtigten, der Ausführungen zu diesem Punkt gemacht hat, nur eine reduzierte Gebühr gemäß Nr. 1 zuzubilligen.

[60] BT-Drucks 15/1971, S. 938.
[61] Volpert, RVGprof. 2004, 145, 146; vgl. auch BT-Drucks 15/1971, S. 211.

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