Rz. 107

Schließen die Parteien den Versorgungsausgleich aus und genehmigt das Familiengericht diese Vereinbarung oder wird die Vereinbarung notariell beurkundet, so war früher strittig, ob und wann dies eine Einigungsgebühr auslöst und wann noch von einem Verzicht i.S.d. Anm. Abs. 1 S. 1, 2. Hs. auszugehen ist. Nach derzeitiger Rechtslage stellt sich das Problem in der Regel nicht mehr, da nach §§ 10 ff. VersAusglG jetzt ein Hin- und Her-Ausgleich für jedes einzelne Anrecht der Beteiligten vorzunehmen ist. Dies bedeutet das Ende des sog. Einmalausgleichs, auf dem die bisher die Einigungsgebühr ablehnende Meinung beruht. Nach bisherigem Recht wurde insgesamt saldiert und der Wertunterschied hälftig ausgeglichen, was zur Folge hatte, dass nur einer der Eheleute ausgleichsberechtigt bzw. -verpflichtet sein konnte. Nunmehr wird jedes Anrecht innerhalb des jeweiligen Versorgungssystems geteilt, so dass man im Rahmen der Einigungsgebühr regelmäßig von wechselseitigen Verzichtserklärungen der Eheleute ausgehen kann. Dieser wechselseitige Verzicht löst immer eine Einigungsgebühr nach Anm. Abs. 1 zu VV 1000 aus.[98]

 

Rz. 108

Lediglich im Falle eines einseitigen Verzichts ist eine Einigungsgebühr abzulehnen, also wenn nur ein Ehegatte ausgleichsberechtigt ist und dieser ohne weitere Vereinbarungen auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet.

 

Rz. 109

Eine Einigungsgebühr entsteht nicht bereits dadurch, dass die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten in einem Telefongespräch den vom FamG übermittelten Entscheidungsentwurf übereinstimmend billigen.[99]

 

Rz. 110

Die Einigungsgebühr kann auch aus einem geringen Wert anfallen, wenn die Beteiligten sich nur über einen Teil der Anrechte einigen.

 

Beispiel: Isoliertes Verfahren über den Versorgungsausgleich mit Teil-Einigung

In einem wiederaufgenommenen Verfahren zum Versorgungsausgleich ist der Anwalt im September 2013 beauftragt worden. Das Nettoeinkommen beider Ehegatten beläuft sich auf 4.000 EUR. Vorhanden sind zwei gesetzliche Anwartschaften und zwei Betriebsrenten. Es wird eine Einigung geschlossen, wonach die Betriebsrenten wechselseitig nicht ausgeglichen werden, sondern nur die gesetzlichen Anwartschaften. Der Verfahrenswert wird auf 4.800 EUR festgesetzt, der Wert der Einigung auf 2.400 EUR.

Verfahrens- und Terminsgebühr entstehen aus 4.800 EUR. Die Einigungsgebühr entsteht nur aus dem geringeren Wert von 2.400 EUR.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   434,20 EUR
  (Wert: 4.800,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   400,80 EUR
  (Wert: 4.800,00 EUR)    
3. 1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003   222,00 EUR
  (Wert: 2.400,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.077,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   204,63 EUR
Gesamt   1.281,63 EUR
 

Rz. 111

Die Einigungsgebühr entsteht nicht nur dann, wenn durch die Einigung eine gerichtliche Entscheidung über den Versorgungsausgleich insgesamt entbehrlich wird, sondern bereits dann, wenn sich die Beteiligten über eine wesentliche Grundlage für die Durchführung des Versorgungsausgleichs, z.B.

Berechnung der Startgutschriften[100] oder
Verzicht auf Kontenklärung[101]

endgültig einigen. Der Gegenstandswert der Einigungsgebühr richtet sich in diesem Fall nach dem Wert des Teilvergleichs und ist in der Regel niedriger als der Gegenstandswert der Verfahrensgebühr.

 

Beispiel: In einem wiederaufgenommenen Verfahren zum Versorgungsausgleich ist der Anwalt im September 2013 beauftragt worden. Das Nettoeinkommen beider Ehegatten beläuft sich auf 4.000 EUR. Im Termin wird festgestellt, dass die Auskunft zu einer der fünf Anwartschaften zu einem unzutreffenden Bewertungsstichtag berechnet ist. Die Beteiligten einigen sich, dass diese Auskünfte dennoch der gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden sollen. Der Verfahrenswert wird auf 6.000 EUR festgesetzt, der Wert der Einigung auf 1.200 EUR.

Verfahrens- und Terminsgebühr entstehen aus 6.000 EUR. Die Einigungsgebühr entsteht aus einem geringeren Wert von 1.200 EUR.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   507,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   468,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
3. 1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003   127,00 EUR
  (Wert: 1.200,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.122,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   213,18 EUR
Gesamt   1.335,18 EUR
[98] OLG Frankfurt/M. AGS 2010, 424 = RVGreport 2010, 296; OLG München AGS 2012, 174 = RVGreport 2012, 103 = NJW 2012, 1089; OLG Karlsruhe AGS 2012, 135 = NJW-RR 2012, 328.
[99] OLG Dresden AGS 2012, 459 = NJW-Spezial 2012, 668.
[100] OLG Hamm AGS 2012, 464 = RVGreport 2012, 459 = NJW-Spezial 2012, 605.
[101] AG Unna 15.8.2016 – 12 F 933/15, AGS 2016, 460.

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