Rz. 47

Der Abschluss der Einigung bedarf grundsätzlich keiner Form. Er ist formfrei möglich. Insbesondere kann die Einigung auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten getroffen werden.[23]

 

Rz. 48

Soweit allerdings nach materiellem Recht ein Formzwang besteht, wird die Einigung nur wirksam, wenn die Formvorschriften beachtet sind. Ist dies nicht der Fall, fehlt es an einer wirksamen Einigung (§ 125 BGB), so dass auch keine Einigungsgebühr entsteht.

 

Rz. 49

Formvorschriften bestehen insbesondere bei:

Grundstücksgeschäften (§ 311b Abs. 1 S. 1, Abs. 3 BGB),
Vereinbarungen über den Zugewinnausgleich während des Ehescheidungsverfahrens oder für den Fall der Scheidung (§ 1378 Abs. 3 S. 2 BGB),
Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich (§§ 1408 Abs. 2 S. 1, 1410 BGB),
Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt vor Rechtskraft der Scheidung (§ 1585c S. 2 BGB),
Verfügungen über einen Anteil am Nachlass (§ 2033 Abs. 1 S. 2 BGB).
 

Rz. 50

Ist eine Einigung danach formbedürftig, so ersetzt die gerichtliche Protokollierung eines Vergleichs gemäß § 127a BGB jegliche Form, so dass die Einigung mit der Protokollierung zustande kommt.[24] Ist die gesetzliche Form dagegen nicht gewahrt, so liegt auch keine wirksame Einigung i.S.d. VV 1000 vor.

 

Beispiel 1: Die Parteien einigen sich außergerichtlich über den Verkauf eines Grundstücks.

Wegen Verstoßes gegen § 311a S. 1 BGB fällt keine Einigungsgebühr an.[25]

 

Beispiel 2: Die Parteien schließen während des Scheidungsverfahrens außergerichtlich den Zugewinnausgleich aus.

Wegen Verstoßes gegen § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB wird auch hier keine Einigungsgebühr ausgelöst.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Vorschrift des § 127a BGB nicht geändert worden ist. Zwar wird nach wie vor die vorgeschriebene notarielle Beurkundung durch die gerichtliche Protokollierung nach § 127a BGB ersetzt. Erforderlich ist aber weiterhin, dass ein Vergleich protokolliert wird. Hier reicht der Abschluss einer bloßen Einigung daher nicht aus.

 

Beispiel 3: Die Parteien einigen sich vor Gericht über die Übertragung eines Grundstücks und lassen die Einigung ordnungsgemäß protokollieren.

Die Vereinbarung bedarf nach § 311a S. 1 BGB der notariellen Beurkundung, die nicht vorliegt. Das gerichtliche Protokoll ersetzt hier nicht nach § 127a BGB die Form, da die Protokollierung einer Einigung nicht ausreicht. Erforderlich ist die Protokollierung eines Vergleichs. Mangels Heilung nach § 127a BGB ist die getroffene Einigung somit nichtig. Den beteiligten Anwälten entsteht daher keine Einigungsgebühr. Wohl wird die Verfahrensgebühr nach VV 3100, 3101 Nr. 2 ausgelöst, die der Anwalt seinem Mandanten aber wohl wegen unsachgemäßer Bearbeitung des Mandats nicht wird in Rechnung stellen können.

 

Rz. 51

Dagegen reicht es für den Abschluss einer Einigung aus, wenn diese nur materiell-rechtlich wirksam ist, jedoch keinen Prozessvergleich i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO darstellt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gericht vergisst, den Vergleich vorzulesen/abzuspielen und genehmigen zu lassen. Mangels Einhaltung der Protokollierungsform (§§ 160 ff. ZPO) fehlt es in diesen Fällen an einem wirksamen prozessualen Vergleich. Materiell-rechtlich liegt jedoch eine wirksame Einigung vor, aus der ggf. geklagt werden kann. Gleiches gilt dann, wenn die Parteien im Verbundverfahren eine Einigung schließen, jedoch nur eine Partei anwaltlich vertreten ist,[26] auch dann liegt kein prozessual wirksamer Vergleich vor. Materiell-rechtlich kann die Einigung jedoch wirksam sein, etwa beim Unterhalt. Sofern notarielle Beurkundung erforderlich ist, wie beim Versorgungs- oder Zugewinnausgleich, reicht die Einigung mit dem anwaltlich nicht vertretenen Gegner dagegen nicht.

[23] OLG München AGS 2010, 423; LG Darmstadt AnwBl 1972, 235.
[24] AG Groß-Gerau JurBüro 1998, 76.
[25] LG Hanau AnwBl 1987, 243.
[26] OLG Koblenz OLGR 1999, 456.

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