a) Allgemeines

 

Rz. 186

Im Rechtsmittelverfahren erhöhen sich die Gebühren. Hinsichtlich der Gebührenberechnung ergeben sich gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren kaum Unterschiede. Dennoch treten insbesondere nach Abschluss einer Einigung im Rechtsmittelverfahren zusätzliche Abrechnungsprobleme auf. Zu unterscheiden sind folgende Fallgruppen:

b) Die Parteien einigen sich nur über die im Rechtsmittelverfahren anhängigen Gegenstände

 

Rz. 187

Schließen die Parteien im Rechtsmittelverfahren nur über solche Gegenstände eine Einigung, die auch dort anhängig sind, so ist die Gebührenabrechnung einfach. Der Anwalt erhält die erhöhte Verfahrensgebühr, die Terminsgebühren sowie die erhöhte Einigungsgebühr nach VV 1004.

 

Beispiel: Gegen das erstinstanzliche Urteil i.H.v. 10.000 EUR wurde in vollem Umfang Berufung eingelegt. Nach streitiger Verhandlung einigen sich die Parteien.

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 10.000 EUR)
  982,40 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV 3202

(Wert: 10.000 EUR)
  736,80 EUR
3.

1,3-Einigungsgebühr, VV 1000, 1004

(Wert: 10.000 EUR)
  798,20 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.537,40 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   482,11 EUR
Gesamt   3.019,51 EUR

c) Die Parteien beziehen anderweitig anhängige Gegenstände in die Einigung ein

aa) Allgemeines

 

Rz. 188

Einigen sich die Parteien im Rechtsmittelverfahren (auch) über Gegenstände, die anderweitig anhängig sind, so war je nach Fallgestaltung die Höhe der Vergleichsgebühren strittig. Diese Streitfragen sind durch die Neufassung beseitigt.

 

Rz. 189

Zu beachten ist allerdings auch hier, dass dann, wenn im Rechtsmittelverfahren eine Einigung geschlossen, protokolliert oder dort nur über dort nicht anhängige Gegenstände erörtert wird, aus dem Mehrwert wiederum eine Verfahrensgebühr entsteht, VV Vorb. 3 Abs. 2. Die Höhe hängt von der Tätigkeit des Anwalts ab.

Nimmt der Anwalt an einem Termin teil und wirkt er an dem Abschluss der Einigung mit, so entsteht insoweit die volle Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert (§ 22 Abs. 1), da weder VV 3201 Abs. 1 Nr. 1 noch VV 3201 Abs. 1 Nr. 2 eingreifen.
Schließen die Parteien eine Einigung auch über nicht anhängige Gegenstände, ohne dass hierüber ein Termin stattgefunden hat – selbst wenn nach § 278 Abs. 6 ZPO protokolliert wird – entsteht neben der vollen Gebühr aus den im Rechtsmittelverfahren anhängigen Gegenständen unter Beachtung des § 15 Abs. 3 die reduzierte Verfahrensgebühr nach VV 3201 Abs. 1 Nr. 1 aus dem Mehrwert.
Wird ein Vergleich nur protokolliert, ohne dass der Anwalt an der Einigung mitgewirkt hat, entsteht neben der vollen Gebühr aus den im Rechtsmittelverfahren anhängigen Gegenständen unter Beachtung des § 15 Abs. 3 die reduzierte Verfahrensgebühr nach VV 3201 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt aus dem Mehrwert.
Nimmt der Anwalt an Einigungsverhandlungen im gerichtlichen Termin teil, ohne dass eine Einigung zustande kommt, entsteht neben der vollen Gebühr aus den im Rechtsmittelverfahren anhängigen Gegenständen unter Beachtung des § 15 Abs. 3 die reduzierte Verfahrensgebühr nach VV 3201 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. aus dem Mehrwert.

bb) Höhe der Einigungsgebühr

 

Rz. 190

Die Einbeziehung anderweitig anhängiger Gegenstände in eine Einigung ist dadurch geregelt, dass in den VV 1000, 1003, 1004 nicht auf die Instanz abgestellt wird, in der die Einigung geschlossen worden ist, sondern auf die Anhängigkeit des Gegenstandes (siehe Rdn 156 ff.).

cc) Verfahrensgebühr aus dem Mehrwert

(1) Der Anwalt ist in dem Verfahren über die mitverglichenen Gegenstände nicht tätig

 

Rz. 191

Werden in die Einigung, Protokollierung oder Einigungsverhandlungen anderweitig anhängige Gegenstände miteinbezogen und ist der Anwalt hinsichtlich dieser anderweitig anhängigen Gegenstände bislang nicht beauftragt, so erhält er nach einhelliger Auffassung aus dem Mehrwert der Einigung eine Verfahrensgebühr.

 

Beispiel: Gegen ein Urteil i.H.v. 20.000 EUR wird Berufung eingelegt. Nach Erörterung wird eine Einigung geschlossen unter Einbeziehung einer anderweitig in erster Instanz anhängigen Forderung i.H.v. 5.000 EUR. In dem anderweitigen Verfahren waren die Berufungsanwälte nicht tätig.

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 25.000 EUR)
  1.398,40 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV 3202

(Wert: 25.000 EUR)
  1.048,80 EUR
3.

1,3-Einigungsgebühr, VV 1000, 1004

(Wert: 20.000 EUR)
1.068,60 EUR  
4.

1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003

(Wert: 5.000 EUR)
334,00 EUR  
 

gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als

1,3 aus 25.000 EUR
  1.136,20 EUR
5. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.603,40 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   684,65 EUR
Gesamt   4.288,05 EUR

(2) Der Anwalt ist auch in dem Verfahren über die mitverglichenen Gegenstände tätig

 

Rz. 192

Wurde dem Anwalt auch in dem Verfahren über die mitverglichenen Gegenstände ein Auftrag erteilt und hat er dort bereits die Verfahrensgebühr verdient, so ist umstritten, ob er bei einer Einigung im Rechtsmittelverfahren zusätzlich noch eine Verfahrensgebühr aus dem Mehrwert verdienen kann. Diese Situation tritt insbesondere dann auf, wenn der erstinstanzliche Anwalt gegen ein Teilurteil Berufung einlegt und in der Berufungsinstanz dann das gesamte Verfahren verglichen wird. Die gleiche Problematik stellt sich aber auch dann, wenn wechselseitige Klagen in getrennten Verfahren erhoben werden und im Berufungsverfahren über die eine Klage gleichzeitig das andere Klageverfahren mitverglichen wird.

 

Beispiel (Berufung gege...

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