Rz. 55

Der Gegenstandswert ergibt sich gemäß § 23 Abs. 1[11] aus den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften, somit nach § 50 Abs. 2 GKG, der dem früheren § 12a GKG entspricht. Daraus folgt:

 

Rz. 56

Im Verfahren über den Antrag nach § 169 Abs. 2 S. 5 und 6 GWB, § 173 Abs. 1 S. 3 und nach § 176 GWB beträgt der Streitwert – wie bei sofortigen Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammer (§ 171 GWB) – 5 % der Bruttoauftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG). Damit hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich[12] der entsprechenden Rechtsprechung des BayObLG[13] angeschlossen. Der Begriff der Auftragssumme ist gesetzlich nicht definiert. Darunter ist der konkrete Preis des Angebots zu verstehen, zu dem das beteiligte Unternehmen den Auftrag begehrte.[14] Dabei ist die Höhe des letzten vom Antragsteller eingereichten Angebots maßgebend.[15] Fehlen konkrete Angebote der Bieter sowie eine ordnungsgemäße Schätzung des Auftragswertes durch den Auftraggeber, ist der Auftragswert nach objektiven Kriterien gemäß § 3 ZPO zu schätzen.[16]

 

Rz. 57

Ist Ziel des Nachprüfungsantrags, dass die Gesamtleistung losweise oder mit einem anderen Loszuschnitt vergeben wird, bemisst sich der Gegenstandwert nach dem Wert der Teilleistung, an deren Erbringung der Antragsteller interessiert ist.[17]

 

Rz. 58

Ist Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens ein Verfahren, dass auf den Abschluss eines Abfallentsorgungsvertrages gerichtet ist, ist für die Wertbemessung nach § 50 Abs. 2 GKG auf die auf die fest vorgesehene Laufzeit des Vertrages entfallende Angebotssumme abzustellen. Da der Auftrag zur Zeit des Nachprüfungsverfahrens typischerweise noch nicht erteilt ist und dieser Betrag dementsprechend noch nicht feststeht, ist regelmäßig auf die Summe des Angebots abzustellen, das der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren eingereicht hat, weil er mit dem Nachprüfungsantrag seine Chance auf den Auftrag wahren will. Auch wenn es sich bei den Angebotssummen um Schätzwerte handelt, ist für eine Kappung auf den 48-fachen Monatswert entsprechend § 3 Abs. 11 Nr. 2 VgV (§ 3 Abs. 4 Nr. 2, 2. Alt. VgV a.F.) kein Raum.[18]

 

Rz. 59

Ein Optionsrecht zur Verlängerung der Laufzeit des Vertrages ist wertmäßig ebenfalls zu berücksichtigen. Der Wert ist mit 5 % der im optional möglichen Zeitraum anfallenden Vergütung abzüglich eines der Ungewissheit der Vertragsverlängerung Rechnung tragenden Abschlags von regelmäßig 50 % zu bemessen.[19]

 

Rz. 60

Eine Kappung entsprechend § 3 Abs. 11 Nr. 2 VgV (§ 3 Abs. 4 Nr. 2, 2. Alt. VgV a.F.) auf den 48-fachen Monatswert hielt der BGH hingegen aufgrund der besonderen Umstände in einem Fall für sachgerecht, in dem es vordergründig zwar um die Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrags ging, der Antragsteller aber nicht i.S.v. § 107 Abs. 2 GWB am Gegenstand dieses Vertrags interessiert war, sondern daran, dass Teile davon nach Nichtigerklärung des Vertrages losweise für einen in fernerer Zukunft liegenden Zeitraum vergeben werden. Für die Schätzung des Werts dieser Lose seien die in § 3 VgV genannten Parameter heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende Anwendung geeignet erscheinen.[20]

 

Rz. 61

Der Streitwert des atypischen Nachprüfungsverfahrens nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB[21] kann gegenüber dem Regelstreitwert (§ 50 Abs. 2 GKG) herabgesetzt werden.[22]

 

Rz. 62

Da für die Verfahren nach § 115 Abs. 2 S. 5 u. 6, § 118 Abs. 1 S. 3 u. § 121 GWB keine Gerichtsgebühren erhoben werden, kommt hier eine Wertfestsetzung von Amts wegen nicht in Betracht.

 

Rz. 63

Da es sich bei dem Verfahren nach § 115 Abs. 2 S. 5 GWB um ein Verfahren vor der Behörde handelt, scheidet hier eine Wertfestsetzung nach § 33 aus.

 

Rz. 64

In den anderen Verfahren vor dem Vergabesenat handelt es sich dagegen um ein gerichtliches Verfahren, sodass hier für die Verfahren nach § 115 Abs. 2 S. 6, § 118 Abs. 1 S. 3 u. § 121 GWB eine gesonderte Wertfestsetzung auf Antrag nach § 33 vorgenommen werden kann. Eine Beschwerde ist allerdings ausgeschlossen (§ 33 Abs. 4 S. 2).

 

Rz. 65

Eine Streitwertfestsetzung eines Instanzgerichts kann vor dem BGH nicht in zulässiger Weise angefochten werden; dies gilt auch für eine Streitwertfestsetzung im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren nach §§ 116 ff. GWB.[23]

[11] BayObLGR 2003, 332; BayObLG AGS 2003, 34 = JurBüro 2002, 362.
[12] Vgl. BT-Drucks 15/1971, S. 155 zu § 50 GKG.
[13] BayObLG JurBüro 2003, 307 sowie andere OLG; vgl. dazu Byok, NJW 2004, 198 unter II.
[14] BayObLGR 2003, 332; BayObLG JurBüro 2003, 307; OLG Koblenz 11.9.2000 – 1 Verg 1/99 und ThürOLG 19.10.2000 – 6 Verg 3/00.
[16] OLG Jena JurBüro 2002, 434; OLG Naumburg NZBau 2003, 464.
[18] BGH 18.3.2014 – X ZB 12/13, JurBüro 2014, 417; OLG Naumburg 13.2.2012 – 2 Verg 14/11; a.A. OLG München 26.6.2013 – Verg 32/12 (Divergenzvorlage an BGH).

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