I. Allgemeines

 

Rz. 12

Die Verfahrensgebühr kann in allen von der amtlichen Überschrift des VV Teil 3 genannten Verfahrensarten entstehen. Wird ein solches Verfahren anhängig gemacht, ist es für die Gebührenentstehung unbeachtlich, ob das angerufene Gericht möglicherweise unzuständig ist.

 

Rz. 13

Abs. 2 beschreibt den Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr Die Verfahrensgebühr kann nur für denjenigen Rechtsanwalt entstehen, der beauftragt wurde, das Verfahren als Ganzes zu führen.[8] Für Einzeltätigkeiten greifen die Gebührentatbestände von VV Teil 3 Abschnitt 4 ein.

 

Rz. 14

Der Gebührensatz für die Verfahrensgebühr beträgt erstinstanzlich 1,3, um dem Umfang und der Bedeutung der Vorarbeiten des Rechtsanwalts vor Beginn eines Verfahrens gerecht zu werden. Der Schwerpunkt der Arbeit eines Rechtsanwalts liegt meist vor Beginn des Verfahrens, d.h. außerhalb der Verhandlung vor Gericht.[9]

 

Rz. 15

Die Verfahrensgebühr fällt als volle Gebühr an, sobald der Rechtsanwalt vom Mandanten mit der Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren beauftragt wird und seine Tätigkeit aufnimmt, also in der Regel durch das erste Informationsgespräch. Endet der Auftrag jedoch, bevor der Anwalt die Klage, den ein Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Antrags enthält, bei Gericht einreicht oder für seinen Mandanten einen Termin wahrnimmt, erhält er aufgrund der Beauftragung als Prozessbevollmächtigter gemäß VV 3101 Nr. 1 nur eine reduzierte Verfahrensgebühr i.H.v. 0,8. Die nachfolgenden Ausführungen zur Verfahrensgebühr sind daher um die Ausführungen zu VV 3101 Nr. 1 zu ergänzen.

[8] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3100 Rn 8.
[9] RVG-E v. 7.11.2003, BT-Drucks 830/03, S. 260 zu VV Teil 3.

II. Regelungsgehalt

1. Abgeltungsbereich

 

Rz. 16

Der zum Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten bestellte Rechtsanwalt erhält die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Die Verfahrensgebühr deckt damit die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts ab, die dieser außerhalb der mündlichen Verhandlung erbringt, und zwar vom Beginn des ihm erteilten Auftrags hinsichtlich des gerichtlichen Verfahrens bis zum Abschluss der Instanz. Unerheblich ist, in welchem Verfahrensstadium der Rechtsanwalt zum Prozessbevollmächtigten bestellt wird. Es ist also für das Entstehen der Verfahrensgebühr gleichgültig, ob oder wie lange ein gerichtliches Verfahren schon anhängig ist oder ob dieses erst nach Beauftragung des Anwalts anhängig gemacht werden soll.[10]

 

Rz. 17

Mit der Verfahrensgebühr wird die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts während des Rechtszugs vergütet, soweit nicht andere Tatbestände, wie z.B. VV 3104 (Terminsgebühr) oder VV 1003 (Einigungsgebühr), gesonderte Gebühren vorsehen. Welche Tätigkeiten gebührenrechtlich zum Rechtszug gehören und daher von der Verfahrensgebühr abgegolten sind, ergibt sich aus § 19. Ausdrücklich nennt Abs. 2 die Information, also die durch den Rechtsanwalt geleistete und das gerichtliche Verfahren betreffende Informationsbeschaffung und -vermittlung, die grundsätzlich neben der Verfahrensgebühr nicht gesondert vergütet wird. Dies gilt auch dann, wenn die Informationsbeschaffung sehr arbeitsaufwändig sein sollte.[11]

 

Rz. 18

Auch die Kommunikation in einer fremden Sprache wird dem zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalt im Regelfall nicht gesondert vergütet, wenn er die Fremdsprache selbst beherrscht.[12] Von diesem Grundsatz wird man jedoch dann eine Ausnahme machen müssen, wenn die Übersetzungstätigkeit des Rechtsanwalts eine über den normalen Tätigkeitsbereich erheblich hinausgehende Arbeit darstellt, z.B. dann, wenn in erheblichem Umfang genau zu übersetzende Texte in eine fremde Sprache übertragen werden müssen.[13] Dies folgt schon daraus, dass der Anwalt, wenn er mangels eigener Sprachkenntnisse die Übersetzung durch Dritte vornehmen lassen würde, die entsprechenden Aufwendungen nach VV Teil 7 erstattet bekäme.

 

Rz. 19

Ausgehend von diesem Grundsatz wird man sagen können, dass diejenige Tätigkeit von der Verfahrensgebühr abgedeckt wird, die von dem Rechtsanwalt keine besonderen Fachkenntnisse abverlangt, die außerhalb des juristischen Bereichs liegen.[14] Werden darüber hinausgehende Fähigkeiten verlangt, die der Anwalt nur durch eine zusätzliche Ausbildung erlangen konnte, kann er eine zusätzliche Gebühr geltend machen, die sich nach dem JVEG richtet.[15] Da die dort festgelegten Gebührensätze für eine Anwaltskanzlei in den seltensten Fällen auch nur kostendeckend sind, empfiehlt sich eine Honorarvereinbarung mit dem Mandanten, sobald die Notwendigkeit besonderer Fachkenntnisse erkennbar wird.

 

Rz. 20

Ferner deckt die Verfahrensgebühr auch den Aufwand für sämtliche Besprechungen und sonstige Kontaktaufnahmen ab, die der Rechtsanwalt mit seinem Auftraggeber führt. Für Besprechungen, die der Rechtsanwalt mit dem Gegner oder dessen Rechtsanwalt führt, gilt Folgendes: Bei solchen Besprechungen mit dem Gegner oder dessen Anwalt ohne Beteiligung des Gerichts wird di...

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