Rz. 277

Wird das selbstständige Beweisverfahren in der Berufungsinstanz durchgeführt, entsteht dem Rechtsanwalt eine 1,6-Verfahrensgebühr gemäß VV 3200 sowie – unter den entsprechenden Voraussetzungen – eine 1,2-Terminsgebühr nach VV 3202. Gleichgültig ist dabei, ob es sich bei dem in der Berufungsinstanz befindlichen Verfahren um ein Klageverfahren oder ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung handelt. Die Verfahrensgebühr des selbstständigen Beweisverfahrens ist nach Abs. 5 auf die des Berufungsverfahrens anzurechnen.

 

Beispiel: Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils über 15.000 EUR legt A Berufung ein. Noch vor Einreichung der Berufungsbegründung wird ein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet. Es findet ein Sachverständigentermin statt, an dem die Anwälte teilnehmen. Anschließend wird in der Hauptsache verhandelt und eine Einigung getroffen.

Im Beweisverfahren entsteht die höhere Verfahrensgebühr nach VV 3200. Diese ist auf die Verfahrensgebühr des Berufungsverfahrens anzurechnen.

Wert: 15.000 EUR

I. Selbstständiges Beweisverfahren

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200   1.148,50 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3202   861,60 EUR
3. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.030,10 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   385,72 EUR
Gesamt   2.415,82 EUR

II. Berufungsverfahren

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200   1.148,50 EUR
2.

Anrechnung gem. VV Vorb. 3 Abs. 5 von 1,6

aus 15.000 EUR
  – 1.148,50 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3202   861,60 EUR
4. 1,3-Einigungsgebühr, VV 1004   933,40 EUR
5. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.815,00 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   344,85 EUR
Gesamt   2.159,85 EUR
 

Rz. 278

Von der Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens in der Berufungsinstanz kann man allerdings nur dann sprechen, wenn sich dieses Verfahren ausschließlich mit Fragen beschäftigt, die Gegenstand eines Rechtsstreits sind, welcher sich bereits in der Berufungsinstanz befindet. Werden im selbstständigen Beweisverfahren auch Fragen gestellt, die sich auch auf ein erstinstanzliches oder überhaupt nicht anhängiges Verfahren beziehen, wird das selbstständige Beweisverfahren nicht mehr in der Berufungsinstanz durchgeführt mit der Konsequenz, dass eine Erhöhung der Gebühren nicht eintritt. In derartigen Fällen sollte also überlegt werden, ob eine Aufteilung des selbstständigen Beweisverfahrens sinnvoll ist; dabei ist allerdings zu bedenken, dass hierdurch Probleme hinsichtlich der Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten des Verfahrens auftreten können.

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