Rz. 294

Die Parteien des selbstständigen Beweisverfahrens und des Hauptverfahrens müssen identisch sein, und zwar als Gegenparteien.[359] Unproblematisch im Hinblick auf das Fehlen einer persönlichen Identität sind die Fälle, in denen der Antragsteller nach Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens einen Dritten klageweise in Anspruch nimmt, der im selbstständigen Beweisverfahren nicht beteiligt war – beispielsweise die Bank aus einer Gewährleistungsbürgschaft, nachdem im vorangegangenen Beweisverfahren gegen die Werkunternehmer bestimmte Mängel festgestellt wurden.[360]

Ob es an der persönlichen Identität aber auch dann fehlt, wenn nur einer von mehreren Antragsgegnern aus dem selbstständigen Beweisverfahren im Hauptsacheverfahren in Anspruch genommen wird, ist umstritten: Nach einer Meinung[361] kann bei einer Mehrheit von Antragsgegnern im selbstständigen Beweisverfahren, von denen nur einer (bzw. nur einige) im Hauptsacheverfahren in Anspruch genommen wird, auch nur eine anteilige Erstattung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens verlangt werden und zwar nach Kopfteilen. Teilweise wird sogar gefordert, dass der bruchteilsmäßige Aufwand substantiiert dargelegt wird und eine pauschale Aufteilung nach Köpfen nicht möglich ist.[362] Nach der Gegenansicht[363] führt die Beteiligung von weiteren Antragsgegnern im selbstständigen Beweisverfahren jedenfalls dann nicht zu einer nur bruchteilsmäßigen Erstattung der Kosten, wenn die jeweiligen Streitgegenstände identisch sind und die gerichtlichen Kosten dem späteren Beklagten zugeordnet werden können.

Der letzten Ansicht ist zuzustimmen. Ist also der Beweisgegenstand im selbstständigen Beweisverfahren und im Hauptsacheverfahren derselbe, so wird der Erstattungsanspruch des obsiegenden Klägers nicht dadurch beeinflusst, dass er nur einen der beiden Antragsgegner verklagt hat.

 

Beispiel: Der Besteller leitet gegen den Dachdecker und den Bauleiter ein selbstständiges Beweisverfahren wegen Mängeln an der Dacheindeckung ein. Im Hauptsacheverfahren verklagt er nur den Dachdecker auf Mängelbeseitigung, weil er nicht sicher ist, ob er gegen den Bauleiter einen vertraglichen Anspruch geltend machen kann. Hier kann er die vollen Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens erstattet verlangen, denn in beiden Verfahren ging es um die Feststellung desselben Mangels zwischen denselben Parteien.

 

Rz. 295

Geht der Beweisgegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens über den des Hauptsacheverfahrens hinaus, so verbleibt dem Kläger nur ein anteiliger Erstattungsanspruch, wenn die im Hauptsacheverfahren nicht verfolgten Ansprüche nur den "ausgeschiedenen" Antragsgegner betreffen.

 

Beispiel: Der Besteller leitet gegen Tiefbauer und Installateur ein selbstständiges Beweisverfahren wegen Feuchtigkeitsschäden im Keller und Rissen im Badezimmer ein. Der Sachverständige stellt fest, dass die Feuchtigkeit im Keller nicht baubedingt, sondern auf einen Hochwasserschaden zurückzuführen ist. Die Risse im Bad beruhen auf einer fehlerhaften Verlegung der Rohleitungen. Im Hauptsacheverfahren wird allein der Installateur wegen der Risse im Bad in Anspruch genommen. Der Kläger hat hier nur Anspruch auf Erstattung der anteiligen Gerichtskosten des selbstständigen Beweisverfahrens, soweit sie den Verfahrensgegenstand betreffen, an welchem der Beklagte beteiligt war.

 

Rz. 296

Unerheblich ist für die Frage der Identität der Parteien im Hauptsacheverfahren und im selbstständigen Beweisverfahren, dass im Beweisverfahren eine Streitverkündung erfolgt ist. Ferner ist unerheblich, dass auf Antrag des Antragsgegners ein weiterer Antragsgegner in das Verfahren einbezogen wird.[364] Eine Identität der Parteien ist auch dann gegeben, wenn an die Stelle der Partei des selbstständigen Beweisverfahrens im Prozess der Insolvenzverwalter über das Vermögen dieser Partei getreten ist.[365]

[359] BGH 22.7.2004 – VII ZB 9/03, AGS 2005, 81 m. Anm. Onderka = NJW-RR 2004, 1651; OLG München JurBüro 2000, 484; OLG Koblenz ZfBR 2004, 455.
[361] OLG München MDR 2000, 603; OLG Hamburg JurBüro 1994, 105; LG Stuttgart JurBüro 1997, 532.
[362] OLG Koblenz JurBüro 1990, 1009.
[363] BGH 22.7.2004 – VII ZB 9/03, NJW-RR 2004, 1651; OLG Schleswig AnwBl 1995, 270.
[364] OLG München JurBüro 2000, 484; noch weiter differenzierend: OLG Koblenz (JurBüro 1990, 1009), das eine substantiierte Darlegung des bruchteilsmäßigen Aufwandes verlangt.
[365] OLG Köln JurBüro 1987, 433; OLG München JurBüro 2000, 39.

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