Rz. 208

Nach Erlass eines Versäumnisurteils folgt das Einspruchsverfahren, in welchem zur Hauptsache verhandelt oder die Hauptsache im Termin erörtert werden kann. Gebührenrechtlich bilden jedoch das Verfahren um den Erlass des ersten Versäumnisurteils und das weitere Verfahren nach dem Einspruch dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit, so dass der Anwalt unter Beachtung von § 15 Abs. 2 für das Verfahren maximal eine 1,2-Terminsgebühr nach VV 3104 erhalten kann.

a) Terminsgebühr für den Prozessbevollmächtigten des Beklagten

 

Rz. 209

Ist gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil ergangen und gleichwohl für seinen Prozessbevollmächtigten eine volle Terminsgebühr i.H.v. 1,2 nach VV 3104 angefallen, weil die Voraussetzungen für eine Reduzierung nach VV 3105 nicht vorlagen, kann im Einspruchsverfahren keine weitere Terminsgebühr anfallen.

 

Rz. 210

Ist der Prozessbevollmächtigte des Beklagten jedoch erst nach Erlass des Versäumnisurteils mandatiert worden, kann er erst hiernach eine Terminsgebühr unter den Voraussetzungen des Abs. 3 verdienen, weil vorher der nach Abs. 1 erforderliche unbedingte Auftrag fehlte. Sofern ihm der Auftrag erteilt worden ist, nur gegen einen Teil des Versäumnisurteils Einspruch einzulegen, kann ihm eine Terminsgebühr gemäß VV 3104 i.H.v. 1,2 nur aus dem Wert erwachsen, über den nach Einspruchseinlegung noch zu verhandeln ist.

b) Terminsgebühr für den Prozessbevollmächtigten des Klägers

 

Rz. 211

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers, der für die Erwirkung des Versäumnisurteils bereits eine Terminsgebühr nach VV 3104 i.H.v. 1,2 verdient hat, erhält für das Verfahren nach Einspruchseinlegung keine gesonderten Gebühren.

 

Rz. 212

Hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers für das Erwirken des Versäumnisurteils lediglich eine reduzierte Terminsgebühr i.H.v. 0,5 nach VV 3105 verdient, so kann ihm im nachfolgenden Einspruchsverfahren nur noch eine restliche Terminsgebühr nach VV 3104 i.H.v. 0,7 erwachsen. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass nach dem Willen des Gesetzgebers u.a. die Unterschiede zwischen der streitigen und nichtstreitigen Verhandlung beseitigt werden sollten.[228] Ferner heißt es in VV 3105, dass unter den dort genannten Voraussetzungen "die Gebühr VV 3104" 0,5 beträgt. Auch in diesem Fall handelt es sich um eine Terminsgebühr nach VV 3104, die jedoch wegen § 15 Abs. 3 nur noch i.H.v. 0,7 geltend gemacht werden kann.

[228] RVG-E v. 7.11.2003, BT-Drucks 830/03, S. 260 zu VV Teil 3.

c) Terminsgebühr für das 2. Versäumnisurteil

 

Rz. 213

Welche Gebühren der Anwalt erhält, der nach dem Termin, in welchem das erste Versäumnisurteil erging auch den Einspruchstermin wahrnimmt, in welchem ein zweites Versäumnisurteil erlassen ist, ist umstritten. Nach einer Ansicht[229] fällt auch für die Wahrnehmung des zweiten Säumnistermins nur die reduzierte Gebühr aus VV 3105 an, weil nicht auf die Anzahl der Termine, sondern auf den reduzierten Arbeitsaufwand im Termin abzustellen ist. Die herrschende Meinung,[230] der sich jetzt auch der BGH angeschlossen hat,[231] sieht die gesetzliche Formulierung ("Wahrnehmung nur eines Termins...") als quantitative Beschränkung der Gebührenreduktion, die folglich dann nicht mehr eingreife, wenn derselbe[232] Anwalt mehr als einen Termin wahrnimmt.

Es sind daher für die Frage des Gebührenaufkommens die folgenden Konstellationen zu unterscheiden:

Zwei Säumnistermine

Die genannte Entscheidung des BGH bezieht sich auf einen Fall, in welchem der Anwalt zunächst in einem gerichtlichen Termin ein Versäumnisurteil erstreitet und sodann nach Einspruch des Beklagten in einem weiteren Verhandlungstermin, bei welchem der Anwalt wiederum anwesend ist, ein zweites Versäumnisurteil ergeht. Hier erhält der Anwalt für die Wahrnehmung des ersten Säumnistermins eine 0,5-Terminsgebühr nach VV 3105 und für die Wahrnehmung des zweiten Säumnistermins eine 1,2-Terminsgebühr nach VV 3104, da im zweiten Termin die Gebührenreduzierung nach VV 3105 nicht mehr eingreift. Insgesamt erhält der Anwalt jedoch wegen § 15 Abs. 2 nur eine 1,2-Terminsgebühr aus dem Hauptsachewert.

Erstes Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren

Ergeht das erste Versäumnisurteil mangels Verteidigungsanzeige des Beklagten im schriftlichen Vorverfahren gemäß § 331 Abs. 3 ZPO und legt der Beklagte dagegen Einspruch ein, so erhält der Anwalt des Klägers für das Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren eine 0,5-Terminsgebühr nach VV 3105 Abs. 1 Nr. 2. Für seine Teilnahme am Einspruchstermin und den dort gestellten Antrag auf Erlass eines zweiten Versäumnisurteils (§ 345 ZPO) billigt der BGH[233] dem Anwalt die volle Terminsgebühr i.H.v. 1,2 nach VV 3104 zu.

Dies dürfte im Hinblick auf die im Übrigen vertretene Argumentation des BGH, der Wortlaut von VV 3105 enthalte eine quantitative Beschränkung zwar nicht ganz schlüssig sein. Denn in dem Fall, dass das erste Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren ergangen ist, hat der Anwalt nur einen Termin wahrgenommen. Jedoch argumentiert der BGH in diesem Zusammenhang damit, dass die Entscheidung nach § 331 Abs. 3 ZPO in Abs. 1 Nr. 2 der Anm. zu VV 3105 dem Versäumnisurteil nach § 331 Abs. 1 ZPO gleichgestellt sei.[234] Insgesamt erhält...

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