a) Berufsspezifische Tätigkeit

 

Rz. 27

Die Geschäftsgebühr kann nur anfallen, wenn der Rechtsanwalt eine berufsspezifische Tätigkeit entfaltet, auf die das RVG anwendbar ist. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift, aber daraus, dass sie Bestandteil des RVG ist, das nur auf anwaltliche Tätigkeit anwendbar ist (siehe § 1 Rdn 124 ff.). Es entsteht daher keine Geschäftsgebühr, wenn der Anwalt im Rahmen der Aufgaben gemäß § 1 Abs. 2 oder beispielsweise als Aufsichtsratsmitglied, Geschäftsführer einer GmbH, Erbenvertreter, Hausverwalter etc. tätig wird. Ist im Einzelfall zweifelhaft, ob es sich um eine anwaltliche Tätigkeit handelt, sollte vorsorglich auf eine entsprechende Vergütungsvereinbarung hingewirkt werden.

b) Außergerichtliche Tätigkeit

 

Rz. 28

Die Geschäftsgebühr kann nur für außergerichtliche Tätigkeiten des Anwalts entstehen. Erfasst wird dabei sowohl die Tätigkeit in zivilrechtlichen als auch in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten, nicht dagegen die Tätigkeit in Strafsachen; für Letztere sind die Gebühren in VV Teil 4 geregelt. Bezieht sich die Tätigkeit auf ein gerichtliches Verfahren, kann die Geschäftsgebühr nach VV Teil 2 ebenfalls nicht entstehen. Auch außergerichtliche Verhandlungen gehören gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 mit zum Verfahren. Maßgeblich ist dabei nicht, ob es tatsächlich zu einem gerichtlichen Verfahren kommt, sondern welchen (unbedingten) Auftrag der Rechtsanwalt hat.[1] Es kommt also darauf an, ob seine Tätigkeit nach dem Willen des Auftraggebers auf ein gerichtliches Verfahren oder auf eine außergerichtliche Vertretung abzielen soll (arg. e VV Vorb. 3 Abs. 1).[2]

 

Beispiel: Beauftragt ein Mandant den Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Durchsetzung seiner Forderung, der daraufhin zunächst den Gegner außergerichtlich zur Zahlung auffordert, woraufhin der Gegner zahlt, ist keine Geschäftsgebühr entstanden. Der Gebührenanspruch des Anwalts richtet sich vielmehr nach den Vorschriften nach VV Teil 3, weil er von vornherein Klageauftrag hatte.[3]

Bezieht sich der Auftrag zwar auf eine außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts, die jedoch keine Vertretung, sondern eine Beratung des Mandanten zum Gegenstand hat, fällt die Geschäftsgebühr ebenfalls nicht an. In diesem Tätigkeitsbereich ist der Anwalt auf eine Honorarvereinbarung angewiesen, anderenfalls er nach den Vorschriften des BGB abrechnen muss (siehe § 34 Rdn 87 f.).

 

Rz. 29

Der Inhalt des Auftrags ist durch Auslegung zu ermitteln. In der Praxis beauftragt häufig ein Mandant den Rechtsanwalt mit der Durchsetzung einer Forderung, wobei die Gegenseite zunächst außergerichtlich zur Zahlung aufgefordert werden, der Anspruch aber dann gerichtlich geltend gemacht werden soll. Darin können zwei Aufträge liegen: Entweder ein unbedingter Auftrag zur außergerichtlichen Geltendmachung der Forderung und zusätzlich der unter einer aufschiebenden Bedingung erteilte Auftrag, im Falle des Scheiterns der außergerichtlichen Durchsetzung Klage einzureichen. Möglich ist aber auch ein unbedingter Auftrag zur Klageeinreichung, wobei der Rechtsanwalt lediglich die Gegenseite noch außergerichtlich zur Leistung auffordern soll, um sie in Verzug zu setzen.[4]

 

Beispiel: Der Anwalt wird beauftragt 10.000 EUR einzuklagen, soll jedoch zuvor den Gegner letztmalig zur Zahlung auffordern. Auf das entsprechende Schreiben des Anwalts erfüllt der Gegner freiwillig die Forderung.

Hier ist bereits Prozessauftrag erteilt worden, so dass sich die Vergütung des Anwalts wie folgt berechnet:

 
1. 0,8-Verfahrensgebühr, VV 3101   491,20 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 511,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   97,13 EUR
Gesamt   608,33 EUR

Wird der Anwalt beauftragt, die Forderung von 10.000 EUR außergerichtlich geltend zu machen und zahlt der Gegner auf das entsprechende Schreiben, so berechnen sich die Gebühren des Anwalts bei einer durchschnittlichen Angelegenheit wie folgt:

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300   798,20 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 818,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   155,46 EUR
Gesamt   973,66 EUR
 

Rz. 30

Bei außergerichtlichen Verhandlungen mit Versicherern spricht eine Vermutung dafür, dass der Anwalt zunächst mit der Herbeiführung einer außergerichtlichen Regelung beauftragt war und die Prozessvollmacht nur für den Fall erteilt wurde, dass dies scheitern sollte.[5] Einen allgemeinen Rechtssatz, wonach ein Anwalt im Zweifel einen gerichtlichen bzw. außergerichtlichen Auftrag erhalten hat, wird man darüber hinaus jedoch kaum aufstellen können, da immer die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind. Ob eine vorprozessuale Geltendmachung von Ansprüchen eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 auslöst oder als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 zum Rechtszug gehört und daher mit der Verfahrensgebühr VV 3100 abgegolten ist, ist immer eine Frage der Art und des Umfangs des im Einzelfall erteilten Mandats. Der Auftrag ist daher entsprechend darzulegen.[6]

 

Rz. 31

Der Inhalt der vom Mandanten erteilten Vollmacht ...

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