Rz. 126

Hat der Anwalt vor Insolvenzeröffnung einen Vorschuss für seine Tätigkeit erhalten, stellt sich die Frage, ob er diesen Vorschuss nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen seines Mandanten behalten oder aufgrund der vom Insolvenzverwalter gemäß §§ 129 ff. InsO geltend gemachten Insolvenzanfechtung gemäß § 143 InsO zur Masse zurückgewähren muss.

 

Rz. 127

Nach der nunmehr als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung des BGH[95] wird der Anwalt nur insoweit geschützt, als der Vorschuss eine Vergütung für wertäquivalente Tätigkeiten darstellt, die der Anwalt in der Zeit vor Erhalt des Vorschusses bereits erbracht hatte oder die er innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt des Vorschusses erbracht hat. Nur unter diesen Voraussetzungen liegt ein kongruentes Rechtsgeschäft vor, das die Voraussetzungen eines Bargeschäfts i.S.v. § 142 InsO erfüllt und deswegen nicht über § 130 InsO angefochten werden kann.

 

Rz. 128

Dabei ist allerdings zu beachten, dass selbst bei derartig kongruenten Leistungen eine Anfechtung gemäß § 133 Abs. 1 S. 1 InsO (vorsätzliche Benachteiligung) nicht ausgeschlossen ist.

 

Rz. 129

Verlangt der Anwalt einen Vorschuss in einer Höhe, der die wertäquivalente Vergütung für die nächsten 30 Tage überschreitet, handelt es sich nicht mehr um ein Bargeschäft, so dass auch eine Anfechtung gemäß § 131 InsO wegen inkongruenter Leistungen in Betracht kommt.

Inkongruent ist die Vorschussleistung des Insolvenzschuldners (Mandanten) immer dann, wenn

ein Vorschuss erst nach Beendigung der Angelegenheit geltend gemacht und geleistet wird, weil mit der Beendigung der Angelegenheit[96] der Vergütungsanspruch fällig und damit der Vorschussanspruch erloschen ist;[97]
in einer noch nicht beendigten Angelegenheit, die innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt des Vorschusses oder auch davor erfolgte, die anwaltliche Tätigkeit dem gezahlten Vorschuss nicht gleichwertig ist;
in einer noch nicht beendigten Angelegenheit der Vorschuss Tätigkeiten für die Zeit nach Ablauf von 30 Tagen nach Erhalt des Vorschusses abdecken soll, und zwar selbst dann, wenn die nach den 30 Tagen liegende Tätigkeit und der darauf entfallende Teil des Vorschusses gleichwertig wären.
 

Rz. 130

 

Hinweis

Aus insolvenzrechtlicher Sicht ist der Anwalt daher gut beraten, wenn er jeweils Vorschüsse in Höhe einer wertäquivalenten Höhe für die nächsten 30 Tage fordert oder/und vereinbart, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütung[98] zu erbringen.

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