I. Persönlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 3

Die Vorschrift des § 57 gilt für jeden im Bußgeldverfahren bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt, in der Regel für den Pflichtverteidiger. Soweit auch anderweitige Vertreter bestellt werden können, ist § 57 entsprechend anwendbar.

II. Sachlicher Anwendungsbereich

1. Überblick

 

Rz. 4

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nach dem Wortlaut des § 57 gegen Entscheidungen der Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren nach den Vorschriften "dieses Abschnitts" gegeben. Der Anwalt kann daher gegen sämtliche Entscheidungen der Verwaltungsbehörde, die diese in Verfahren nach Abschnitt 8 des RVG erlässt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Im Gegensatz zu § 56, der die Erinnerung nur gegen Entscheidungen im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens nach § 55 gewährt, enthält § 57 eine solche Einschränkung nicht. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist daher auch gegen andere Entscheidungen der Verwaltungsbehörde außerhalb des Verfahrens nach § 55 gegeben. Dies ist auch sachgerecht, weil alle Entscheidungen der Verwaltungsbehörde ebenso wie die Entscheidungen in Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen und Verfahren nach VV Teil 6 gerichtlich überprüfbar sein müssen. Die Beteiligten müssen die Möglichkeit haben, eine richterliche Entscheidung herbeiführen zu können (Art. 19 Abs. 4 GG).

2. Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde

 

Rz. 5

Die Vorschrift des § 57 darf nicht so verstanden werden, dass der Rechtsbehelf des Antrags auf gerichtliche Entscheidung in allen Bußgeldsachen gegeben ist. Dieser Rechtsbehelf greift vielmehr nur dann, wenn das Verfahren ausschließlich vor der Verwaltungsbehörde stattfindet, also dort auch endet.

 

Rz. 6

Soweit auf Einspruch hin die Sache an das erstinstanzliche Gericht abgegeben wird, sind ab dann die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung berufen, also z.B. zur Vergütungsfestsetzung nach § 55, zur Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 oder auch zur Entscheidung, inwieweit der Betroffene unmittelbar in Anspruch genommen werden kann (§§ 52, 53). In diesen Fällen bleibt es bei der Anwendung des § 56. Eine Anfechtung kommt nur im Rahmen dieser Vorschrift in Betracht. Sobald das Verfahren in das gerichtliche Verfahren übergeht, endet die Entscheidungskompetenz der Verwaltungsbehörde und folglich auch die Möglichkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung.

 

Rz. 7

Ist es dagegen nicht (mehr) zum gerichtlichen Verfahren gekommen, etwa infolge Einstellung oder Einspruchsrücknahme vor der Verwaltungsbehörde, endet das Verfahren also dort, so kommt § 57 zur Anwendung.

3. Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Festsetzungsverfahren nach § 55

 

Rz. 8

Ebenso wie § 56 gilt § 57 primär für solche Entscheidungen der Verwaltungsbehörde, die diese im Rahmen der Vergütungsfestsetzung nach § 55 trifft. Gegen Entscheidungen im Rahmen der Festsetzung nach § 55 kann der Anwalt Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen, wenn er der Auffassung ist, die festgesetzte Vergütung sei zu gering bemessen.[1]

4. Entscheidung der Verwaltungsbehörde über die Notwendigkeit von Reisekosten nach § 46 Abs. 2 S. 1, 2

 

Rz. 9

Im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde entscheidet diese darüber, ob anstehende Geschäftsreisen des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalts notwendig sind. Lehnt die Verwaltungsbehörde die Festsetzung ab, ist hiergegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 57 gegeben.

5. Entscheidung der Verwaltungsbehörde über sonstige Auslagen nach § 46 Abs. 2 S. 3

 

Rz. 10

Gleiches gilt für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde betreffend die Notwendigkeit sonstiger Auslagen (§ 46 Abs. 2 S. 3). Auch gegen diese Entscheidungen ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 57 gegeben.

6. Entscheidung über die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 3 S. 2

 

Rz. 11

Nach § 51 Abs. 3 S. 2 ist im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde diese zuständig, über eine beantragte Pauschgebühr zu entscheiden. Sofern die Bewilligung abgelehnt wird oder hinter den Vorstellungen des beigeordneten oder bestellten Anwalts zurückbleibt, kann er hiergegen den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Dies entspricht der Regelung des § 42 für den Wahlverteidiger. Auch dieser kann gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Rahmen des § 42 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Gerade an dieser Stelle zeigt sich der Unterschied zu § 57. Während die Entscheidung des OLG über die Bewilligung einer Pauschgebühr unanfechtbar ist, kommt bei der Entscheidung der Verwaltungsbehörde der Rechtsbehelf nach § 57 in Betracht. Hiermit soll – wie bereits ausgeführt – gewährleistet werden, dass letztlich durch den Richter entschieden wird.

7. Entscheidung über die Bewilligung eines Vorschusses nach § 51 Abs. 1 S. 5

 

Rz. 12

Findet das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde statt, so ist diese dafür zuständig, einen beantragten Vorschuss auf eine zu erwartende Pauschgebühr zu bewilligen. Auch gegen diese Entscheidung kann der Anwalt Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen, wenn der Vorschuss nicht oder nicht in dem beantragten Umfang bewilligt worden ist.

8. Entscheidung über die Inanspruchnahme des Betroffenen oder eines anderweitig Vertretenen nach § 52 Abs. 6 S. 2

 

Rz. 13

Im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde entscheidet diese, ob und inwieweit der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt den Betroffenen unmittelbar in Anspruch nehmen kann. Gegen diese Entscheidung der Verwaltungsbehörde können sowohl der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt als auch der Betroffene den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen.

9. Entscheidungen über die unmittelbare Inanspruchnahme des anderweitig Vertretenen nach § 53 i.V.m. § 52 Abs. 6 S. 2

 

Rz. 14

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