Rz. 37

VV 7000 gilt für den beigeordneten oder bestellten Anwalt ebenfalls uneingeschränkt. Bei der Anwendung von VV 7000 Nr. 1 Buchst. d ist jedoch zu beachten, dass es im Verhältnis zur Staatskasse nicht darauf ankommt, was die Partei ihm an Kopien tatsächlich in Auftrag gegeben hat, sondern was sie bei verständiger Würdigung in Auftrag gegeben haben würde (vgl. Rdn 6).

 

Rz. 38

Fertigt der beigeordnete Anwalt in einer Zivilsache[58] einen Auszug der Gerichtsakte an, so kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass diese Kosten mit der Verfahrensgebühr abgegolten sind. Anders mag sich die Situation darstellen, wenn die Kopien allein zur Vereinfachung der Geschäftstätigkeit dienen.[59] Deshalb kann der Anwalt die Kopierkosten von der Staatskasse auch dann nicht ersetzt verlangen, wenn die Partei ausdrücklich um die Anfertigung einer "Zweitakte" gebeten haben sollte, da eine verständige Partei einen solchen Auftrag nicht erteilt haben würde. Auch der beigeordnete Instanzanwalt ist jedenfalls nicht grundsätzlich auf eine "Zweitakte" angewiesen, weil er auf die Handakten des erstinstanzlichen Anwalts, die ein geordnetes Bild ergeben müssen (§ 50 Abs. 1 BRAO), zurückgreifen kann.[60] Indes steht dem Anwalt ein Beurteilungsspielraum zu. Bei der Vergütungsfestsetzung durch das Gericht hat sich die Nachprüfung der Dokumentenpauschale wegen Kopien aus der Gerichtsakte darauf zu beschränken, ob die Entscheidung des Anwalts offensichtlich fehlerhaft getroffen wurde, d.h. ob Ablichtungen offensichtlich unnötig und überflüssig waren.[61]

 

Rz. 39

Auch die Kopien der eigenen Schriftsätze werden mit der Verfahrensgebühr abgegolten (Ausnahmen: VV 7000 Nr. 1 Buchst. b) und c)). Nach der Rechtsprechung kann der Anwalt ebenso Kopien von den Anlagen zu seinen Schriftsätzen für den Gegner oder andere Verfahrensbeteiligte nicht der Staatskasse gegenüber abrechnen, weil auch derartige Aufwendungen grundsätzlich mit der Verfahrensgebühr abgegolten sein und daher nicht unter VV 7000 Nr. 1 Buchst. d) fallen sollen.[62] Allerdings besteht eine Abrechnungsmöglichkeit für die über 100 Seiten hinaus gehende Anzahl von Kopien nach VV 7000 Nr. 1 Buchst. b) und c).[63] VV 7000 Nr. 1 Buchst. d) sieht den Ersatz von Auslagen für Farbkopien vor. Der Anwalt kann anstelle von Kopien auch elektronisch gespeicherte Dateien überlassen (VV 7000 Nr. 2) und dafür aus der Staatskasse je Datei eine Dokumentenpauschale erhalten, falls die Herstellung und Überlassung als erforderlich zur Rechtswahrnehmung anzusehen ist.[64] Die Prüfung der Notwendigkeit sollte allerdings nur überschlägig erfolgen. Zwar ist die Geringhaltung von Kopiekosten anzustreben.[65] Jedoch erscheint eine kleinliche Handhabung unangebracht.[66]

[58] In Strafsachen besteht ohne Weiteres ein Erstattungsanspruch, vgl. OLG Düsseldorf MDR 1984, 426.
[59] Vgl. KG JurBüro 1975, 346.
[61] Vgl. AG Bremen NStZ-RR 2011, 127.
[62] So nunmehr der BGH (5.12.2002 – I ZB 25/02, AGS 2003, 153 m. Anm. N. Schneider = NJW 2003, 1127) gegen die bis dahin h.M. (LG Wuppertal AGS 2000, 147; LG Mönchengladbach AGS 2000, 147; OLG Koblenz JurBüro 1985, 1840).
[63] Vgl. OLG Oldenburg JurBüro 2007, 208.
[64] Zur Dokumentenpauschale im Einzelnen siehe Hansens, RVGreport 2004, 402.
[65] OLG Schleswig JurBüro 1985, 248.
[66] OLG Oldenburg JurBüro 2007, 208 ("gewisser Ermessensspielraum des Anwalts"); OLG Brandenburg JurBüro 1996, 259.

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