Rz. 23

Für die Bemessung des Gegenstandswertes[13] enthält Abs. 2 S. 2 eine selbstständige Regelung für Verfahren vor den Verfassungsgerichten. Dies gilt auch in Verfahren der konkreten Normenkontrolle (§ 13 Nr. 11 BVerfGG)[14] und der Verfassungsbeschwerde (§ 13 Nr. 8a BVerfGG).[15] Der Gegenstandswert ist hiernach unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere

der Bedeutung der Angelegenheit,
des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie
der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers

nach billigem Ermessen zu bestimmen.

 

Rz. 24

Der Mindestwert beträgt 5.000 EUR (Abs. 2 S. 2). Er ist mit dem 2. KostRMoG angehoben worden. Ebenso wie andere Mindest- und Regelwerte ist auch in Verfahren vor dem BVerfG und den Verfassungsgerichten der Länder der Mindestwert zuletzt auf 5.000 EUR angehoben worden.

 

Rz. 25

Zur Bewertung des Gegenstandswertes in Verfahren der Verfassungsbeschwerde ist Ausgangspunkt der Bewertung entsprechend der gesetzlichen Reihenfolge die Bedeutung der Angelegenheit. Danach richtet sich der Gegenstandswert vorrangig nach der Bedeutung, die der Auftraggeber ihr beimisst (subjektive Bedeutung der Angelegenheit). Maßgeblich sind daher nicht nur die unmittelbar verfolgten Ziele des Auftraggebers, sondern auch die weiteren Auswirkungen auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse, auf seine Stellung und sein Ansehen.[16]

 

Rz. 26

Neben dieser subjektiven Seite muss auch die objektive Bedeutung der Sache in die Bewertung Eingang finden. Die Verfassungsbeschwerde hat die Aufgabe, das objektive Verfassungsrecht zu wahren sowie seiner Auslegung und Fortbildung zu dienen. Sie eröffnet eine eigenständige Kontrolle der drei Gewalten durch das BVerfG. Die über den jeweiligen Fall hinausgehende umfassende Bedeutung des verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes kommt vor allem darin zum Ausdruck, dass die Entscheidungen des BVerfG nicht nur für die Beteiligten, sondern auch für die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder bindend sind und darüber hinaus Gesetzeskraft entfalten, wenn das BVerfG ein Gesetz mit dem Grundgesetz für vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Dieser objektiven Bedeutung muss bei der Bemessung des Gegenstandswertes Rechnung getragen werden. Dies gilt in beiden Richtungen: Hat die objektive Bedeutung neben dem subjektiven Interesse keinen oder nur einen untergeordneten Wert, kann dies zu einer Verringerung des Einsatzwertes für die subjektive Bedeutung führen, es sei denn, die Entscheidung führt zur Beilegung des Ausgangsrechtsstreits. Hat die objektive Seite des Falles im Verhältnis zum subjektiven Interesse eigenständiges Gewicht, führt das regelmäßig zu einer Erhöhung des Ausgangswertes.[17] In diesem Zusammenhang ist auch der Erfolg der Sache zu sehen. Wird der Rechtsbehelf nicht zur Entscheidung angenommen, ist es nach Auffassung des BVerfG im Regelfall nicht gerechtfertigt, über den Mindestwert hinauszugehen.[18] Diese Betrachtungsweise des BVerfG ist aus anwaltlicher Sicht nicht nachzuvollziehen. Der mit der Verfassungsbeschwerde beauftragte Rechtsanwalt ist in der Regel erstmals mit der Angelegenheit betraut und muss sich in kürzester Zeit in den Sach- und Prozessstoff ein- und die verfassungsrechtlichen Bezüge herausarbeiten. Dies führt unabhängig von der Annahme oder Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zu einem vergleichbaren Arbeitsaufwand, da die Verfassungsbeschwerde innerhalb der Monatsfrist vollständig begründet werden muss.[19] Die objektive Bedeutung eines Verfahrens kommt auch darin zum Ausdruck, ob über sie in der Kammer oder im Senat entschieden wird.[20] Da eine stattgebende Kammerentscheidung aber nur zulässig ist, wenn die maßgebliche verfassungsrechtliche Frage bereits entschieden ist, dürfte einer solchen Sache regelmäßig kein über die subjektive Bedeutung hinausgehendes objektives Gewicht zukommen. Dennoch ist der Erfolg auch in diesem Fall zu bewerten, so dass der Mindestwert angemessen zu erhöhen ist, sollte das subjektive Interesse diesen unterschreiten.[21]

 

Rz. 27

Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit kommt eine Korrekturfunktion zu. Geht der Aufwand des Rechtsanwalts wegen der Eigenart der Angelegenheit oder durch besonders sorgfältige oder gehaltvolle Arbeit über die Bedeutung der Sache hinaus, ist eine Werterhöhung ebenso gerechtfertigt wie eine Wertreduzierung bei einer nachlässigen Arbeit oder bei einem Aufwand, der hinter der Bedeutung der Sache zurückbleibt.[22] Im Falle der Vertretung mehrerer Beschwerdeführer, die gemeinschaftlich Verfassungsbeschwerde erheben, sind aber die Werte der jeweiligen subjektiven Interessen zusammenzurechnen.[23]

 

Rz. 28

Auch den Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Auftraggebers kommt eine Korrekturfunktion zu, allerdings mit Ausnahme der Fälle, in denen wegen der Art des verfolgten Interesses die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers unmittelbaren Einfluss auf den Verfahrensgegenstand haben. Durchschnittliche Vermögens- und Einkommensverhältnis...

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