Rz. 2
Der Begriff des schiedsrichterlichen Verfahrens i.S.d. § 36 bezieht sich auf Verfahren vor privaten Schiedsgerichten, die aufgrund einer Schiedsvereinbarung (Schiedsabrede oder Schiedsklausel) gemäß § 1029 ZPO oder in gesetzlich statthafter Weise aufgrund einer letztwilligen oder anderen nicht auf Vereinbarung beruhenden Verfügung (z.B. Satzung)[5] gemäß § 1066 ZPO zuständig sind. Die Vorschrift findet aber ebenso Anwendung in Verfahren vor Schiedsgerichten, die von Gesetzes wegen eingerichtet worden sind, wenn die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO über das schiedsgerichtliche Verfahren darauf Anwendung finden (z.B. gemäß § 8 S. 1 des Gesetzes über die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen und Ersatzkassen vom 17.8.1955, BGBl I S. 524).[6] Das schiedsrichterliche Verfahren beginnt gemäß § 1044 ZPO mit dem Tag, an dem der Beklagte den Antrag, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen, empfangen hat. Gebührenrechtlich beginnt allerdings das Verfahren bereits mit der Erteilung des Auftrags gegenüber dem Anwalt. Es endet gemäß § 1056 ZPO mit dem Schiedsspruch oder dem Beschluss des Schiedsgerichts auf Feststellung der Beendigung des Schiedsverfahrens. Die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO differenzieren begrifflich bewusst zwischen "Gericht", gemeint sind die staatlich eingerichteten und nach dem Grundgesetz (Art. 92 GG) garantierten Gerichte, und "Schiedsgericht", gemeint sind private Gerichte. Die sprachliche Differenzierung hat neben verfahrensrechtlichen Auswirkungen auch gebührenrechtliche Folgen und zwar dergestalt, dass § 36 nur für diejenigen Verfahren gilt, die vor dem Schiedsgericht geführt werden und bei denen es sich mangels hoheitlich eingerichteter Gerichtsbarkeit um außergerichtliche Tätigkeiten handelt.
Rz. 3
VV Teil 3 Abschnitte 1, 2, und 4 finden deshalb auf die im schiedsrichterlichen Verfahren ausgeübten Tätigkeiten nur deshalb Anwendung, weil Teil 2 über VV Vorb. 2 Abs. 1 i.V.m. § 36 abbedungen ist. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung insbesondere klarstellen, dass die Tätigkeit vor dem Schiedsgericht mit derjenigen vor einem staatlichen Gericht gleichzustellen und eine gebührenrechtliche Schlechterstellung nicht gerechtfertigt sei. Durch das 2. KostRMoG hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des VV Teil 3 um Abschnitt 4 klarstellend erweitert, weil er offenbar vergessen hatte, dass auch im schiedsrichterlichen Verfahren Einzeltätigkeiten (Verkehrsanwalt, Terminsvertreter und sonstige Einzeltätigkeiten) vergütungsrechtlich zu erfassen sind. Der Gesetzgeber hat insoweit eine Regelung getroffen, die die Praxis in der Vergangenheit durch eine eigentlich unzulässige Analogie bereits umgesetzt hatte.
Rz. 4
Anwendung findet § 36:
▪ | in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten, in denen die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung inzidenter geprüft wird (§ 1032 Abs. 1 ZPO); die VV 3100 ff. finden unmittelbare Anwendung.[7] | ||||||||||||||||||||||
▪ | soweit die Vorschriften der VV Vorb. 3.1 Abs. 1 und 2, Vorb. 3.2.1 Nr. 2c), § 16 Nr. 8 und 9 sowie § 17 Nr. 6 für die dort genannten selbstständigen Gebührenangelegenheiten greifen:
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Rz. 5
Keine Anwendung findet § 36:
▪ | in Verfahren, in denen sich die Parteien auf die Einholung eines Schiedsgutachtens verständigt haben; in diesem Fall werden die Gebühren der VV 2300 ausgelöst.[11] |
▪ | wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts ausschließlich ein gerichtliches Verfahren bei der Bestellung eines Schiedsrichters oder Ersatzschiedsrichters (§§ 1034, 1035, 1039 ZPO), die Ablehnung eines Schiedsrichters (§ 1037 ZPO), die Beendigung des Schiedsrichteramtes (§ 1038 ZPO) oder die Unterstützung bei der Beweisaufnahme oder bei der Vornahme sonstiger richterlicher Handlungen anlässlich eines schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1050 ZPO) betrifft; maßgeblich sind insoweit VV 3327, 3332, di... |
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