aa) Künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen

 

Rz. 46

Ein bestimmter Gegenstand wird auch bei der Pfändung und Überweisung von Arbeitseinkommen gepfändet. Wird wegen einer bereits fälligen Forderung Arbeitseinkommen gepfändet, so ist gemäß § 832 ZPO nicht nur das gegenwärtige, sondern auch das künftig fällig werdende Arbeitseinkommen mitgepfändet. Dieses ist bei der Bewertung im Hinblick auf den 2. Hs. daher mit zu berücksichtigen. Der 3. Hs. ist bei § 832 ZPO nicht anwendbar.[64]

 

Beispiel 1: Der Gläubiger vollstreckt wegen einer Forderung in Höhe von 1.500 EUR. Der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens des 20-jährigen Schuldners beträgt 100 EUR.

Der Wert beträgt gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 1, 1. Hs. 1.500 EUR. Nr. 1, 2. Hs. greift nicht, weil das Arbeitseinkommen keinen geringeren Wert hat. Denn der Wert des Arbeitseinkommens ergibt sich daraus, wie lange bei diesen Raten und der Höhe der zu vollstreckenden Forderung die Pfändung andauern wird (100 EUR x 15 Monate = 1.500 EUR).

 

Beispiel 2: Wegen einer fälligen Zahlungsforderung i.H.v. 1.000 EUR beantragt Rechtsanwalt R, das fällige und künftig fällig werdende Arbeitseinkommen des Schuldners (55 Jahre) zu pfänden. Das Arbeitseinkommen des Schuldners beträgt 2.000 EUR, von denen 500 EUR pfändbar sind.

Es handelt sich um die Pfändung von fortlaufenden Bezügen nach § 832 ZPO. Der Gegenstandswert beträgt gemäß Nr. 1, 1. Hs. 1.000 EUR. Der Wert des Arbeitseinkommens (bestimmter Gegenstand) übersteigt bereits nach zwei Monaten den Wert der Vollstreckungsforderung und ist damit nicht geringer als diese.

[64] Hansens/Braun/Schneider/Volpert, Teil 18 Rn 66; Volpert, RVGreport 2005, 10; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 25 Rn 30; Riedel/Sußbauer/Potthoff, RVG, § 25 Rn 13; Mayer/Kroiß/Gierl, RVG, § 25 Rn 16.

bb) Keine Ermäßigung bei hohen Forderungen und langer Vollstreckungsdauer

 

Rz. 47

Soweit demgegenüber vertreten wird,[65] bei "hohen Forderungen" sei in Anlehnung an § 42 Abs. 1 GKG aus Billigkeitsgründen ein geringerer Wert, nämlich der dreifache Jahresbetrag anzusetzen, begegnet dies zum einen schon Bedenken im Hinblick auf den anderslautenden Wortlaut des § 25 Abs. 1 Nr. 1; zum anderen führt diese Ansicht zu Rechtsunsicherheit: Ab welchem Betrag beginnt denn eine hohe Forderung? Auch eine entsprechende Anwendung von § 25 Nr. 1, 3. Hs. scheidet aus, weil diese Regelung die zu vollstreckende Forderung betrifft, die – anders als hier – noch nicht fällig ist.[66]

 

Beispiel 3: Der Gläubiger pfändet wegen einer Forderung von 200.000 EUR das Arbeitseinkommen des soeben 30 Jahre alt gewordenen Schuldners. Der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens beträgt 100 EUR.

Der Wert bemisst sich hier nach § 25 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs. Die Pfändung würde angesichts der niedrigen Rate und der Höhe der zu vollstreckenden Forderung noch Jahrzehnte dauern. Maßgebend ist insoweit jedoch maximal die Zeit bis zum Eintritt in das gesetzliche Rentenalter, weil dann das Arbeitseinkommen und dessen Pfändung enden und die Pfändung der Rente/Pension gesondert erfolgen muss.[67] Der Wert beträgt bei einem Rentenalter von 67 Jahren daher 100 x 12 x 37 = 44.400 EUR.

[65] AG Freyung MDR 1985, 858; ähnlich LG Meiningen 6.4.2009 – 4 T 23/09.
[66] So auch Mayer/Kroiß/Gierl, RVG, § 25 Rn 17.
[67] Hansens/Braun/Schneider/Volpert, Teil 18 Rn 66; Volpert, RVGreport 2005, 10; im Ergebnis so auch Mayer/Kroiß/Gierl, RVG, § 25 Rn 17; nach Schneider/Herget/Onderka, 13. Aufl., Rn 4447 f. soll wohl der volle Wert der zu vollstreckenden Forderung maßgeblich sein.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge