Rz. 123

Über den Wortlaut hinaus ist Abs. 2 auch dann anzuwenden, wenn es sich bei der anzurechnenden Gebühr nicht um eine Rahmengebühr handelt. Dass auch ein solcher Fall vorkommen kann, hat der Gesetzgeber offenbar nicht bedacht.

 

Rz. 124

 

Beispiel: Der Anwalt wird vom Rechtsuchenden im Rahmen der Beratungshilfe in einer sozialrechtlichen Angelegenheit beauftragt, gegen den Bescheid der Sozialbehörde Widerspruch einzulegen. Nach Erhalt des Widerspruchsbescheids wird er beauftragt, Anfechtungsklage zum Sozialgericht zu erheben.

Im Widerspruchsverfahren hat der Anwalt die Festgebühr der VV 2503 i.H.v. 93,50 EUR verdient. Diese Gebühr ist nach Anm. Abs. 2 zu VV 2503 hälftig (46,75 EUR) auf die Verfahrensgebühr der VV 3102 anzurechnen. Obwohl es sich bei der anzurechnenden Gebühr nicht um eine Rahmengebühr handelt, darf auch hier selbstverständlich bei der Gebührenbemessung nach Abs. 1 hinsichtlich der Verfahrensgebühr die Vorbefassung in entsprechender Anwendung des Abs. 2 nicht berücksichtigt werden.

 

Rz. 125

Entsprechendes muss bei einer vorangegangenen Beratung gelten. Zwar erhält der Anwalt hier keine Rahmengebühr, sondern entweder eine vereinbarte Gebühr (§ 34 Abs. 1 S. 1) oder gem. § 34 Abs. 1 S. 3 eine Gebühr nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Bei der Bemessung des Gebührensatzes oder des Gebührenbetrags einer nachfolgenden Tätigkeit darf auch jetzt in analoger Anwendung des Abs. 2 die Vorbefassung in der Beratung nicht berücksichtigt werden, da auch dies eine unzulässige Doppelverwertung beinhalten würde.

 

Rz. 126

 

Beispiel: Der Anwalt hat den Mandanten in einer sozialrechtlichen Angelegenheit zunächst beraten und dafür er eine Erstberatungsgebühr nach § 34 Abs. 1 S. 3 nebst Auslagen und Umsatzsteuer erhalten. Später erteilt der Mandant den Auftrag zur Anfechtungsklage.

Für die Beratung ist folgende Vergütung angefallen.

I. Beratung

 
1. Erstberatung, § 34 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. §§ 670, 675 BGB   190,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 210,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   39,90 EUR
Gesamt   249,90 EUR

Im gerichtlichen Verfahren erhält der Anwalt jetzt die Gebühr der VV 3102. Die Höhe der Gebühr darf jetzt nicht wegen der vorangegangenen Beratung reduziert werden. Die Vorbefassung ist alleine durch die Anrechnung der Beratungsgebühr nach § 34 Abs. 2 zu berücksichtigen. Geht man davon aus, dass ohne vorherige Beratung eine Mittelgebühr angemessen gewesen wäre, ist wie folgt zu rechnen:

II. Verfahren vor dem Sozialgericht

 
1. Verfahrensgebühr, VV 3102   360,00 EUR
2. gem. § 34 Abs. 2 anzurechnen   – 190,00 EUR
3. Terminsgebühr, VV 3106   335,00 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 525,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   99,75 EUR
Gesamt   624,75 EUR

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