Rz. 145

Ist nach Abs. 3 ein Gutachten einzuholen, hat das Gericht der zuständigen Rechtsanwaltskammer die Akten mit der Bitte um die Erstellung eines Gutachtens zuzuleiten. Eines Antrags der Parteien bedarf es dazu nicht. Das Gutachten ist von Amts wegen einzuholen. Die Parteien können der Verwendung auch nicht widersprechen.[229]

 

Rz. 146

Ein Gutachten i.S.d. Abs. 3 ist als amtliche Auskunft zu qualifizieren, welche das Gericht in die Lage versetzen soll, den Rechtsstreit unter Berücksichtigung der sachkundigen Auffassung der Berufsvertretung zu entscheiden.[230] Da es sich gerade nicht um ein Sachverständigengutachten i.S.d. § 411 ZPO handelt,[231] sind die Vorschriften der ZPO über die Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nicht anwendbar; insbesondere eine mündliche Erläuterung des Gutachteninhalts durch den Verfasser ist nicht erzwingbar.[232] Um eine Beweisaufnahme i.S.d. ZPO handelt es sich auch dann nicht, wenn das Prozessgericht einen förmlichen Beweisbeschluss absetzt.[233] Auch Ordnungsmittel gegenüber dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer nach §§ 409 Abs. 1, 411 Abs. 2 ZPO sind nicht möglich.[234] Wohl können die Parteien den Gutachter wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnen.[235]

 

Rz. 147

Bei der Erstellung des Gutachtens hat sich der Vorstand der Anwaltskammer auf die Frage der Gebührenhöhe zu beschränken. Es ist nicht seine Aufgabe, die Schlüssigkeit der Klage zu prüfen oder sonstige Gebührenfragen, etwa nach dem zutreffenden Gebührentatbestand, zu beantworten. Auch mit der Frage des Gegenstandswerts hat sich der Vorstand der Rechtsanwaltskammer nicht zu befassen, da dessen Festsetzung allein dem Gericht obliegt. Ebenso wenig hat der Kammervorstand den Sachvortrag (weiter) auszuforschen. Lässt sich anhand der vorgetragenen Tatsachen die Frage der Gebührenhöhe nicht feststellen, muss der Vorstand die Sache vielmehr dem Gericht zurückgeben. Dieses hat dann die erforderlichen Tatsachen festzustellen, um dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer eine Beurteilungsgrundlage an die Hand zu geben. Ist umgekehrt das Gutachten ungeachtet einer zureichenden Beurteilungsgrundlage mangelhaft oder unvollständig, kann das Gericht vom Kammervorstand Korrektur bzw. Ergänzung verlangen.[236]

[229] Hansens, ZAP Fach 24, S. 499; Gerold/Schmidt/Mayer, § 14 Rn 37.
[230] OLG München MDR 1989, 922; Hansens/Braun/Schneider, Teil 1 Rn 161; Hartmann, § 14 RVG Rn 27; ähnlich Henssler/Prütting/Hartung, BRAO, § 73 Rn 41 ("Informationsmittel"); a.A. LG Baden-Baden Rpfleger 2001, 324 zu § 3 ZSEG.
[231] OLG Düsseldorf JurBüro 1990, 872; OLG München MDR 1989, 922; OLG Frankfurt JurBüro 1983, 865; Hansens, ZAP Fach 24, S. 499.
[232] OLG Frankfurt MDR 1983, 327; OLG Celle NJW 1973, 203; Zöller/Greger, ZPO, § 411 Rn 5e m.w.N. Nach BGH 23.1.1974 – IV ZR 92/72, BGHZ 62, 93 soll stellvertretend der Autor des Gutachtens geladen und angehört werden können; diese Entscheidung betraf indes den Gutachterausschuss nach §§ 192 ff. BauGB und ist daher auf den Bereich der Rechtsanwaltskammern nicht übertragbar.
[233] Zutreffend Mayer/Kroiß/Winkler, § 14 Rn 76.
[234] KG RVGreport 2012, 341; Hansens, ZAP Fach 24, S. 499; Gerold/Schmidt/Mayer, § 14 Rn 37; Hansens/Braun/Schneider, Teil 1 Rn 162.
[235] Hansens, ZAP Fach 24, S. 499; Gerold/Schmidt/Mayer, § 14 Rn 37.
[236] So auch Hartung/Römermann/Schons, § 14 Rn 106.

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