Rz. 24

Die Anhörungsrüge ist nach § 12a Abs. 1 Nr. 2 begründet, wenn das Gericht den Anspruch des die Anhörungsrüge erhebenden Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

 

Rz. 25

Mit der Anhörungsrüge nach § 12a Abs. 1 Nr. 2 kann nur die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt werden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör entspringt als "prozessuales Urrecht des Menschen"[28] dem Verfassungsrecht (Art. 103 Abs. 1 GG), hat aber einfachgesetzlich eine weitergehende Ausgestaltung im Verfahrensrecht gefunden, indem er das Recht auf Teilhabe am Entscheidungsprozess einschließt.[29]

 

Rz. 26

Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt den Beteiligten ein Recht zur Äußerung über Tatsachen, Beweisergebnisse und die Rechtslage.[30] Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht darüber hinaus, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.[31] Art. 103 Abs. 1 GG ist erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist.[32] Die Gerichte sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen.[33]

Vollkommer[34] schlägt die Bildung folgender Fallgruppen für typische Verstöße gegen den Anspruch auf Verletzung rechtlichen Gehörs vor:

Pannenfälle (unbeabsichtigter Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör)
Präklusionsfälle (Ausschluss des Äußerungsrechts aus Gründen, die im Prozessrecht keine Stütze finden)
Hinweisfälle (insbesondere: Entscheidung ohne Vorankündigung/Hinweis oder bei Erteilung unklarer, sachlich unrichtiger und rechtlich verfehlter Hinweise)
Nichtberücksichtigungsfälle (insbesondere: evidente Verfehlung des Sachverhalts, willkürliche Verfahrensgestaltung, Übergehen wesentlichen Parteivorbringens).
[28] BVerfG NJW 1980, 2698.
[29] Siehe im Einzelnen Zöller/Vollkommer, § 321a ZPO Rn 7.
[34] Vgl. die einzelnen Fallgruppen bei Zöller/Vollkommer, § 321a ZPO Rn 9–11.

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