aa) Regelvergütung

 

Rz. 348

§ 2 Abs. 1 InsVV enthält für die Vergütung des Insolvenzverwalters bestimmte Regelsätze. Einem bestimmten Betrag der Insolvenzmasse wird ein Prozentsatz zugeordnet, den der Insolvenzverwalter von dieser Masse als Vergütung erhält. Die InsVV ist zum 19.12.2020[642] in §§ 1 und 19 geändert worden. Übergangsfälle betreffend § 1 Abs. 2 Nr. 5 InsVV beurteilen sich nach § 19 Abs. 5 InsVV. Auf Insolvenzverfahren, die vor dem 1.10.2020 beantragt worden sind, ist § 1 Abs. 2 Nr. 5 InsVV in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Ferner ist die InsVV zum 1.1.2021[643] in §§ 2, 4, 8, 10, 12, 14, 15 und 17 geändert und § 12a eingefügt worden. Übergangsfälle beurteilen sich nach § 19 Abs. 6 (5) InsVV. Auf Insolvenzverfahren, die vor dem 1.1.2021 beantragt worden sind, sind die genannten Vorschriften in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Insbesondere sind die in § 2 InsVV geregelten Regelsätze zum 1.1.2021 angehoben worden.

 

Rz. 349

Die in § 2 Abs. 1 InsVV bestimmten Regelsätze gelten jedoch nur für das sog. Normalverfahren, also ein Verfahren, das weder mit besonderen Schwierigkeiten behaftet noch sehr einfach gelagert ist.[644] Ob ein solches Normalverfahren vorliegt, bestimmt sich sowohl nach objektiven als auch nach subjektiven Kriterien. Eickmann und Nowak gehen davon aus, dass ein Normalverfahren vorliege, wenn kumulativ folgende objektive Voraussetzungen erfüllt seien:[645]

Dauer bis zu zwei Jahren
Aus- und Absonderungsrecht in einer Höhe von bis zu 50 % der Schuldenmasse
ohne Betriebs-(Geschäfts-)fortführung
ohne Haus- oder Grundstücksverwaltung
ohne Ausarbeitung eines Insolvenzplanes durch den Verwalter
ohne Übertragung des Zustellungswesens
mit nicht mehr als 100 Forderungsanmeldungen zur der vom Verwalter zu führenden Tabelle
ohne besondere Probleme bei der Massesammlung (nur eine Betriebsstätte, kein Auslandsvermögen)
bei Vorhandensein eines ordnungsgemäßen Rechnungswesens des Schuldners
Einzug von bis zu 100 Forderungen
bis zu 300 Buchungsvorgänge in der Insolvenzbuchhaltung.
 

Rz. 350

In subjektiver Hinsicht gehören zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters die Inbesitznahme und Sicherung, die Erstellung des Masseverzeichnisses und der Vermögensübersicht, die Einrichtung einer den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchhaltung genügenden Buchhaltung, die Entscheidung über die Fortführung des Unternehmens, die Erstellung des Gläubigerverzeichnisses, die Vertragsabwicklung, die Prüfung von Anfechtungen, die Prüfung der Fortführung von Prozessen, Prüfung der Forderungsanmeldungen und Tabelleneintragungen, Entscheidung über Aus- und Absonderungsrechte sowie die Masseverwertung.[646]

 

Rz. 351

Sind die nach dem vorstehenden Modell entwickelten Voraussetzungen nicht vollständig erfüllt, liegt i.d.R. kein Normalverfahren vor. Dann kommt alternativ der Ansatz einer Mindestgebühr oder die Korrektur der Regelvergütung durch Zu- bzw. Abschläge in Betracht.

[642] Art. 4 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht v. 22.12.2020 (BGBl I, 3328).
[643] Art. 6 des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG) v. 22.12.2020 (BGBl I, 3256).
[644] Nerlich/Römermann/Madert, Insolvenzordnung, § 2 InsVV Rn 1; Hess, in: Hess/Weis/Wienberg, Insolvenzordnung, § 2 InsVV Rn 12; MüKo/Nowak, InsO, § 65 Rn 2.
[645] Eickmann, in: Kübler/Prütting, InsO, Vergütungsrecht, 2. Aufl., § 1 InsVV Rn 12 ff.; MüKo/Nowak, InsO, § 2 InsVV Rn 3. Ebenso Gottwald/Last, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2006, § 127 Rn 13, der freilich ein Umsatzlimit von 1,5 Mio. EUR hinzufügt.
[646] Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, § 2 Rn 10–20.

bb) Berechungsgrundlage: Insolvenzmasse

 

Rz. 352

Berechnungsgrundlage für die Regelvergütung ist nach § 1 S. 1 InsVV der Wert der Insolvenzmasse, auf die sich die Schlussrechnung bezieht. Die Vorschrift konkretisiert damit § 63 Abs. 1 S. 2 InsO, demzufolge die Masse maßgeblich für die Vergütung des Insolvenzverwalters ist.[647] Damit ist Ausgangspunkt für die Vergütungsberechnung der in der Schlussrechnung nach § 66 InsO festgestellte Wert der Masse.[648]

 

Rz. 353

Wird das Insolvenzverfahren vorzeitig beendet oder nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplanes aufgehoben, muss der Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Verfahrensbeendigung geschätzt werden.[649] Anhaltspunkte für diese Schätzung können sich aus den Vermögensübersichten ergeben, die in § 153 InsO sowie für den Fall des Insolvenzplans in § 229 InsO vorgesehen sind.[650]

 

Rz. 354

Waren im Zeitpunkt der Beendigung die Verwertungsmaßnahmen noch nicht abgeschlossen oder waren sie bis dato noch gar nicht aufgenommen worden, muss bei der Bewertung der Vergütung auch der Ertrag der unverwerteten, einem Absonderungsrecht unterliegenden Massegegenstände Teil der Berechnungsgrundlage sein.[651] Die konkrete Berechnung der Insol...

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