Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesellschaftsrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch ein Kommanditist kann im Wege der Erbfolge in die Komplementärstellung des Erblassers nachrücken.

 

Normenkette

HGB §§ 128, 161

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 16.03.1988; Aktenzeichen 15 O 53/87)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16. März 1988 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 2 des Landgerichts Kiel teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 413.915,78 DM nebst 5 % Zinsen auf 446.442,31 DM für die Zeit vom 20. April 1990 bis zum 26. Juli 1990 und 5 % Zinsen auf 413.915,78 DM seit dem 27. Juli 1990 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten der 1. Instanz haben die Klägerin 6 % und die Beklagte 94 % zu tragen.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Klägerin zu 10 % und der Beklagten zu 90 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 480.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer für die Beklagte beträgt 413.915,78 DM, für die Klägerin 0,09 DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Komplementärin auf Rückzahlung eines der Firma W. B. KG bzw. der Firma B. KG gewährten Kredits in Anspruch.

Die Firma W. B. KG ist seit dem 20. September 1962 als Kommanditgesellschaft in das Handelsregister eingetragen. Die Beklagte trat 1968 als Kommanditist in in diese KG ein. Sie ist als solche im Handelsregister eingetragen und hat ihre Einlage von 51.923 DM erbracht. Als persönlich haftender Gesellschafter war und ist weiterhin u. a. der Fabrikant F. B. in das Handelsregister eingetragen, obwohl er am 1. September 1976 verstarb und aufgrund eines Testaments u. a. von der Beklagten, seiner Tochter, als Vorerbin beerbt wurde. Der Gesellschaftsvertrag traf im Hinblick auf den Tod eines Gesellschafters folgende Regelungen:

§ 15 Tod eines Gesellschafters

(1) Beim Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit dem oder den Erben oder Vermächtnisnehmern, auf den oder die der Gesellschaftsanteil des gestorbenen Gesellschafters kraft gesetzlicher Erbfolge oder kraft Verfügung von todeswegen übergeht, fortgesetzt.

(3) a) Beim Tod eines persönlich haftenden Gesellschafters darf nur einer der Erben oder Vermächtnisnehmer, auf die der Kapitalanteil des Erblassers nach Absatz (1) übergeht, zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigter, persönlich haftender Gesellschafter werden, während die anderen Rechtsnachfolger, auf welche der Kapitalanteil übergeht, nicht tätige persönlich haftende Gesellschafter werden oder in die Stellung von Kommanditisten zurücktreten können…

c) Wenn der Erblasser den Rechtsnachfolger, der nach seinem Ableben als persönlich haftender Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung berufen sein soll, nicht bestimmt hat, so ist derjenige seiner Erben oder Vermächtnisnehmer… zur Geschäftsführung und Vertretung als persönlich haftender Gesellschafter berufen, auf den sich die Erben oder Vermächtnisnehmer einigen….”

F. B. hatte durch Nachtrag zum Testament bestimmt, daß den von ihm eingesetzten Erben freistehe, bezüglich des Anteils an der Firma W. B. KG als persönlich haftende Gesellschafter oder als Kommanditisten einzutreten. Die Beklagte hat nach dem Tod des Vaters nicht ausdrücklich erklärt, ihre Stellung als Kommanditist in aufzugeben und persönlich haftende Gesellschafterin der KG zu werden.

Die Firma W. B. KG gehört zu dem Familienunternehmen B., das in die Betriebsgesellschaft W. B. KG und eine Besitzgesellschaft, die B. Vermögensverwaltung Gesellschaft bürgerlichen Rechts, aufgespalten ist. Zur Sicherstellung des Liquiditätsbedarfs der W. B. KG schlossen die Gesellschafter beider Gesellschaften am 23. April 1982 einen Verschmelzungsvertrag zur Neuordnung der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse. Die B. Vermögensverwaltung GbR sollte in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt werden und nach einer Erhöhung des Gesellschaftskapitals im Wege der Verschmelzung die W. Bleyle KG übernehmen. Die Verschmelzung der beiden Kommanditgesellschaften sollte im Zeitpunkt der Eintragung der neuen Bleyle KG in das Handelsregister in Kraft treten, im Innenverhältnis jedoch rückwirkend auf den Beginn des 1. Januar 1982. In die neue B. KG sollte eine noch zu gründende B. Verwaltungs-GmbH als geschäftsführende, persönlich haftende Gesellschafterin aufgenommen werden. Neben der GmbH sollte als von der Geschäftsführung ausgeschlossene persönlich haftende Gesellschafterin u. a. die Beklagte aufgenommen werden. Der Vertrag wurde von allen Gesellschaftern mit Ausnahme der beiden Gesellschaften angehörenden Gesellschafter H. W. und Dr. H. unterzeichnet. Für Frau W. und Dr. Holzer leistete Dr. K. B. aufgrund einer zwischen den Gesellschaftern umstrittenen testamentarischen Vollmacht die Unterschrift. Mit der Gesellschafterin...

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